Der Zugang zu professioneller Seelsorge in der Palliative Care soll im Kanton Zürich verbessert werden: Mit einem Anruf auf eine einzige Nummer kann für Menschen mit einer palliativen Erkrankung eine seelsorgerliche Begleitung durch eine Fachperson arrangiert werden. Das Angebot gilt explizit für alle, unabhängig ihrer Konfession oder Weltanschauung.
Lisa Palm, die Beauftragte für Palliative Care der Katholischen Kirche im Kanton Zürich und Matthias Fischer von der Fachstelle Palliative Care der Reformierten Kirche Kanton Zürich haben das Projekt «Seelsorge-Hotline» gemeinsam entwickelt – und sind nun gespannt darauf zu sehen, wie es anläuft. Ab dem heutigen 1. Dezember 2017 ist die Leitung offen (siehe «Weitere Infos») .
Was bietet die neue Seelsorge-Hotline?
Matthias Fischer: In erster Linie vermittelt sie Seelsorgerinnen und Seelsorger an Betroffene. Erfahrene Seelsorgende, die im Bereich Palliative Care arbeiten und auch eine Palliative-Care-Ausbildung absolviert haben, nehmen den Anruf entgegen, können in einem Erstgespräch auf die Fragen und Wünsche der Anrufenden eingehen und vermitteln in einer Triage eine Seelsorgebegleitung vor Ort.
Lisa Palm: Das Ziel lautet: Innerhalb von 24 Stunden meldet sich eine Begleitperson bei den Betroffenen und kann im Idealfall zeitnah mit der Begleitung beginnen.
Wer kann denn auf die Nummer anrufen?
Palm: Das Angebot richtet sich an Menschen mit einer palliativen Erkrankung sowie natürlich an ihre An- und Zugehörigen – aber explizit auch an Fachpersonen, die an der Betreuung dieser Menschen beteiligt sind: Ärzte und Ärztinnen, Pflegende, Spitex-Mitarbeitende und so weiter.
Fischer: Insbesondere Letztere haben schon länger den Wunsch nach einer einfachen Anlaufstelle geäussert, wenn sie Patientinnen oder Patienten betreuen, die gerne seelsorglich begleitet werden möchten. Die Spitex-Mitarbeitenden haben meistens schlicht keine Zeit, eine passende Begleitperson zu suchen.
«Die Spitex-Mitarbeitenden haben meistens schlicht keine Zeit, eine passende Begleitperson zu suchen.»
Matthias Fischer
Wird denn eine solche Begleitung nicht sowieso in den Kirchgemeinden und Pfarreien angeboten? Wieso lange suchen?
Palm: Doch, natürlich, die Mitarbeitenden der Pfarreien und Kirchgemeinden bieten eine seelsorgerliche Begleitung am Lebensende normalerweise an. Sie sind für Menschen, die sich ihrer Kirchgemeinde verbunden fühlen, sicher auch die ersten Ansprechpartner und das ist gut so.
Fischer: Auch bei einem Anruf auf unsere Hotline werden wir zuerst versuchen, mit der örtlichen Seelsorge zu vermitteln. Es kann aber auch sein, dass jemand genau das nicht will – und da können wir unkompliziert weiterhelfen. Ausserdem gibt es auch Betroffene, die mit der Kirche nicht verbunden sind und überhaupt keinen Draht zur örtlichen Kirchgemeinde haben. Auch für sie ist unser Angebot gedacht.
Palm: Ganz allgemein richtet sich das Angebot an alle Betroffenen, unabhängig von ihrer Konfession oder Weltanschauung. Dass wir im christlichen Glauben verwurzelt sind und auf dieser Grundlage Seelsorge anbieten, ist natürlich dennoch klar und das steht auch so in unserer Broschüre.
«Wir haben schon viel erreicht. Aber im ambulanten Bereich gibt es noch grosse Lücken, was die Seelsorge angeht. Das wollen wir nun ändern.»
Lisa Palm
Wie ist die Idee zur Seelsorge-Hotline entstanden?
Fischer: (Lacht) Eigentlich haben wir einfach einen gut durchdachten gemeinsamen Flyer gestalten wollen, um die Seelsorge in der Palliative Care vorzustellen – und um die Palliative Care in der Seelsorge und in den Kirchen bekannter zu machen. Wir arbeiten ständig daran, das Verständnis einer «palliativen Grundhaltung» in unserem Umfeld zu befördern. Und bei der Arbeit zu diesem Flyer kam uns die Idee mit der Hotline – nicht zuletzt, weil wir wussten, dass gerade die Mitarbeitenden von spezialisierten ambulanten Teams froh wären um eine solche einfache Triage.
Palm: Das Projekt ist im Rahmen der gesamten Entwicklung unserer Kirchen zu sehen. Palliative Care wird für uns alle immer wichtiger. Seit 2014 gibt es dazu eine ökumenisch abgestimmte Strategie unserer beiden Landeskirchen, die noch bis 2019 läuft. Wir haben schon viel erreicht, beispielsweise in der Bildung – seit 5 Jahren führen wir eine Weiterbildung in Palliative Care für Seelsorgende durch – oder bei der Seelsorge im stationären Bereich. Aber im ambulanten Bereich gibt es noch grosse Lücken, was die Seelsorge angeht. Das wollen wir nun ändern – und die Hotline ist eine Massnahme dazu. Wir möchten unseren Beitrag dazu leisten, dass Menschen zuhause gut betreut Leben können bis zum Schluss.
Wie wird das Angebot finanziert?
Palm: Die Kosten für die Seelsorge-Hotline werden von den beiden Kirchen gemeinsam getragen, das Angebot ist also für alle Anrufenden kostenlos. Wir sehen das als gesamtgesellschaftliches Angebot der Kirchen. Die Projektphase dauert vorerst zwei Jahre – so lange ist die Finanzierung bereits gesichert. Ende 2019, wenn auch unsere ökumenisch abgestimmte Strategie abläuft, werden wir sehen, wie das Angebot genutzt wird und wie der Bedarf aussieht. Wir sind zuversichtlich, dass wir bei Bedarf eine Weiterführung gewährleisten können.
Fischer: Vorerst müssen wir Erfahrungen sammeln und schauen, wie sich das Angebot entwickelt. Wir wollen in diesen Tagen vor allem unseren neuen Flyer breit streuen, der ja nicht nur die Hotline bekanntmachen soll, sondern ganz allgemein zeigt, wie die Kirchen mit einer modernen und professionell aufgestellten Seelsorge eine wichtige Stütze in der Palliative Care sind.