In einer kürzlich ausgestrahlten Ausgabe der Sendung «Sternstunde Philosophie» von SRF sprachen Roland Kunz und Saskia Frei mit der Moderatorin Barbara Bleisch unter dem Titel «Der geplante Tod» über Suizidbeihilfe. Roland Kunz ist Palliativmediziner und Vorstandsmitglied von palliative zh+sh, Saskai Frei ist Scheidungsanwältin und Präsidentin des Vereins Exit Deutsche Schweiz.
Das angeregte Gespräch über den «geplanten Tod» berührte verschiedene Aspekte wie die persönliche Beschäftigung mit dem eigenen Tod jeder und jedes Einzelnen, die rechtlichen Grundlagen und geschichtlichen Kontexte in der Schweiz oder in Deutschland oder die Tatsache, dass Menschen aus dem Ausland in die Schweiz einreisen, um hier - in Begleitung von Sterbehelfenden - ihre tödliche Dosis Pentobarbital einzunehmen.
Besonders intensiv wurde unter anderem darüber diskutiert, ob der sogenannte «Bilanz-Suizid» mithilfe von Organisationen wie Exit möglich sein soll oder nicht. Saskia Frei von Exit betonte, es gehe auch hier nicht darum, gesunde Menschen in den Tod zu begleiten. Sondern um Menschen, die aufgrund einer (nicht tödlichen) Krankheit starke Einbussen in ihrer Lebensqualität erleiden müssen und deshalb ihrem Leben lieber ein Ende setzen möchten, als unter den gegebenen Umständen weiterleben zu müssen. Roland Kunz vertrat die Meinung, hier werde eine «soziale Indikation medikalisiert». Gesellschafltliche und soziale Probleme könnten nicht mit einem Medikament gelöst werden - und deshalb seien dafür nicht in erster Linie die Medizinerinnen und Mediziner zuständig. Dahinter steckt für ihn die Frage, wie einerseits die Gesellschaft mit bedürftigen Menschen umgehe und andererseits wie die Menschen damit umgingen, auf Hilfe angewiesen zu sein - und wie sie diese annehmen könnten.
Wichtige Selbstbestimmung - adäquate Betreuung
«Ich sehe den Menschen als Beziehungswesen», sagte Kunz. Ihn verunsichere deshalb die starke Tendenz vom «Du» zum «Ich». Damit sprach er auch die möglichen Auswirkungen eines begleiteten Suizides auf das Umfeld einer Person an. Frei gab diesbezüglich zu bedenken, dass es dennoch Realität sei, dass die Beziehungsnetze heute längst nicht mehr so dicht seien wie früher. Und deshalb brauche es auch Möglichkeiten, das eigene Lebensende selber zu gestalten, so weit das gehe. Auch sei der Drang zur Selbstbestimmung in unserer Geslleschaft eine Realität.
Kunz erklärte, neben diesem Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben, das er natürlich anerkenne, gebe es auch ein Recht auf adäquate Betreuung, auf Integration in die Gesellschaft - auch für alte oder kranke Menschen. «In der Debatte fokussiert man aber stets auf das 'Recht auf den selbstbestimmten Tod' und vernachlässigt die andere Seite. Das ist der Vorwurf an die Gesellschaft und an die Politik», so Kunz. Seiner Meinung nach sollte beispielsweise der positive Wert des Alters stärker thematisiert werden, anstatt in der öffentlichen Diskussion den Fokus nur auf Kosten und Lasten für die Gesamtgesellschaft zu legen.