Der Luzerner Mitte-Kantonsrat Stephan Schärli und 41 weitere Parlamentsmitglieder verlangen in einer Motion, der Kanton solle sich an den Pflegekosten von Hospizbewohnerinnen und -bewohnern mit täglich 550 Franken beteiligen. So müssten sie pro Monat nicht gegen 8000 Franken selber zahlen, sondern nur etwa einen Zehntel davon. Das Gesundheits- und Sozialdepartement hält nichts von dieser breit abgestützten Forderung und findet, es sei «zwingend» eine nationale Lösung nötig. Ausserdem brauche das Hospiz Zentralschweiz dank hoher Spenden und eines Millionenvermögens kein Geld. Das Departement rechnet auch vor, die Annahme der Motion würde den Kanton jährlich 1,9 Millionen Franken kosten – Geld, das im Finanzplan nicht eingestellt sei. Man nennt aber nicht nur finanzielle Gründe, die für ein Nein zur Motion sprechen. In einer Medienmitteilung schreibt auch das Gesundheitsdepartement, der Kanton müsste bei einer Überweisung des Vorstosses Eintrittskriterien für Hospize festlegen, was den Kreis der eintretenden Personen «gegenüber heute stark einschränken könnte». Und es hat offenbar den Eindruck, das Hospiz in Littau mit seinen zwölf Betten biete «erweiterte Dienstleistungen» an.
Sibylle Jean-Petit-Matile, Geschäftsleiterin der Stiftung, weist auf Anfrage der «Luzerner Zeitung» darauf hin, dass der Grossteil der Spenden – 2,9 Millionen Franken – zweckgebunden zum Schuldenabbau verwendet werden müsse. So sehr Sibylle Jean-Petit-Matile über die Rechnung des Departements und die rosig dargestellten Finanzen staunt, so fest ärgert sie sich über andere Aussagen. So stimme es nicht, dass der Kanton bei einer Annahme der Motion Eintrittskriterien festlegen müsse. Auch wehrt sie sich gegen die Aussage, erweiterte Dienstleistungen – sprich Luxus – anzubieten: «Wir erfüllen lediglich die Anforderungen, die an ein zertifiziertes Hospiz gestellt werden.»
«Hospiz Zentralschweiz: Darum wehrt es sich gegen Aussagen der Regierung». Luzerner Zeitung. 24.2.2025
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Das Spital Emmental baut seine spezialisierte Palliative Care aus: Ab März 2025 wird das Angebot nicht nur am Standort Burgdorf, sondern auch in Langnau zur Verfügung stehen. Ziel sei es, Patienten und Patientinnen im oberen Emmental eine wohnortnahe Betreuung in komplexen Krankheitssituationen zu ermöglichen, heisst es in einer Pressemitteilung. Petra Mair wird die Abteilung in Langnau gemeinsam mit Barbara Affolter führen, die bereits den Bereich Palliative Care in Burgdorf erfolgreich etabliert hat. Auch Advanced Practice Nurse Maya Monteverde gehört zum interprofessionellen Team. Sie bringt langjährige Erfahrung in ambulanter und stationärer Palliativpflege mit und fördert die enge Zusammenarbeit zwischen Pflege und Ärzteschaft. Neben der stationären Betreuung bietet das Team ambulante Sprechstunden in Langnau und Burgdorf an. Zudem sind die Fachpersonen in den mobilen Palliativdienst Emmental eingebunden, um eine sektorübergreifende, nahtlose Versorgung sicherzustellen.
«Spital Emmental erweitert Palliativangebot». medinside. 9.2.2025
«Menschen sollen spezialisierte Palliative Care dort erhalten, wo sie zuhause sind»
Die spezialisierte Palliative Care in der Stadt Zürich soll gezielt weiterentwickelt werden. Insbesondere Pflegeinstitutionen sollen profitieren. Ende Februar hat der Stadtrat beim Gemeinderat neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich 220'000 Franken beantragt, um die Einsätze mobiler Palliative-Care-Teams in Pflegeinstitutionen zu ermöglichen. Die Stadt Zürich hat in einem dreijährigen Pilotprojekt (2020 bis 2022) Versorgungslücken in der Palliative Care geschlossen. Eine der Massnahmen, die Weiterentwicklung der mobilen Palliative-Care-Teams, konnte pandemiebedingt nicht abschliessend evaluiert werden. Deshalb wurde die Projektlaufzeit um zwei Jahre bis Ende 2024 verlängert. Nun soll die definitive Lösung kommen. Die mobilen Palliative-Care-Teams (MPCT) sind bereits heute für zuhause lebende Personen etabliert, in Pflegeinstitutionen standen sie bislang nicht zur Verfügung. Die Evaluation zeigt, dass ihr gezielter Einsatz die
Versorgung in Pflegeinstitutionen verbessert und Spitaleintritte reduziert. Das Angebot steht sowohl den städtischen Gesundheitszentren für das Alter als auch gemeinnützigen und privaten Pflegeinstitutionen offen. «Menschen sollen spezialisierte Palliative Care dort erhalten, wo sie zuhause sind. Die Verstetigung stellt sicher, dass dies auch in Pflegeinstitutionen möglich ist und hilft Spitaleintritte zu vermeiden», sagt Stadtrat und Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri (siehe auch unseren Artikel dazu unter
www.pallnetz.ch/p129004504.html
)
«Zürich will Mobile Palliative Care auch für Pflegeinstitutionen». Nau. 26.2.2025***
Sophie Pautex, derzeit Chefärztin der Abteilung für Palliativmedizin am Universitätsspital Genf (HUG), wurde
zur Leiterin des Departements für Rehabilitation und Geriatrie ernannt. Sie wird ihr neues Amt im April 2025 übernehmen. Pautex tritt damit die Nachfolge von Christophe Graf an, der Anfang des Jahres in die Direktion des HUG wechselte. Die Abteilung für Rehabilitation und Geriatrie ist ein medizinisches Zentrum, das sich auf ältere Menschen konzentriert und alle Fachgebiete abdeckt, die mit der Versorgung dieser Altersgruppe verbunden sind: geriatrische Notfälle, Akut-, Zwischen- und Erhaltungspflege, Rehabilitation, Palliativpflege und Gedächtniszentrum. Es umfasst fünf Abteilungen und ist in fünf Krankenhäusern tätig (Trois-Chêne, Bellerive, Loëx, Beau-Séjour und Joli-Mont). Sophie Pautex engagiert sich unter anderem in Lehre und Forschung, wurde 2016 zur assoziierten Professorin ernannt und war Mitglied der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsprogramms zum Lebensende. Auf internationaler Ebene ist sie seit 2016 Co-Vorsitzende der European Union Geriatric Medicine Society (EUGMS) und der European Association for Palliative Care (EAPC).
«HUG: Neue Leiterin der Klinik für Rehabilitation und Geriatrie». medinside. 18.2.2025
«Die Ermöglichung des assistierten Suizids könnte im Widerspruch zu Palliative Care stehen»
Die Volksinitiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen» strebt an, die Zulassung von Sterbehilfe nicht nur für Alters- und Pflegeheime einzuführen, sondern auch auf Spitäler und Justizvollzugsanstalten auszudehnen. Der Zürcher Regierungsrat lehnt dies als zu weitreichend ab. In seinem Gegenvorschlag unterstützt er jedoch die Erweiterung der Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Sterbehilfe auf alle Alters- und Pflegeheime. Damit gehe er auf das zentrale Anliegen der Initiantinnen und Initianten ein. «Es ist ein irreführender Titel», sagt die Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli zur NZZ. Die Initiative gehe deutlich weiter und hätte grosse Auswirkungen. «Sie ist mit dem Grundauftrag der meisten Institutionen schlicht nicht vereinbar.» Der Regierungsrat begründet seine Ablehnung mit konkreten Beispielen. So würden etwa die Spitäler nicht primär Personen am Lebensende betreuen. Vielmehr gehe es dort darum, die Gesundheit zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Ermöglichung des assistierten Suizids könne im Widerspruch zu Palliative Care, zur medizinischen Betreuung am Lebensende, stehen. Zudem könnten sich ältere Patienten unter Druck gesetzt fühlen, Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen, um Angehörige oder das Gesundheitswesen nicht zu belasten.
Für die Gesundheitsdirektorin steht fest: Die Initiative kann man nicht ohne Gegenvorschlag präsentieren. Einen solchen Gegenvorschlag bringt der Regierungsrat nun ins Spiel: Neu sollen alle Alters- und Pflegeheime dazu verpflichtet werden, Bewohnern einen assistierten Suizid zu ermöglichen. Mitgemeint sind damit auch die privaten Einrichtungen, die bisher frei von Verpflichtungen waren. Der Regierungsrat beantragt also dem Kantonsrat, die Volksinitiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen» abzulehnen und dem Gegenvorschlag zuzustimmen.
«Sterbehilfe soll in allen Heimen erlaubt sein». NZZ. 10.2.2025
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Im Kanton Zug wie auch auf Bundesebene gibt es aktuell keine Regelung bezüglich Suizidhilfe in Pflegeinstitutionen. Die GLP-Fraktion im Kantonsrat wollte deshalb in einer Motion den Regierungsrat beauftragen, «das Gesundheitsgesetz so anzupassen, dass Personen, die in Pflegeinstitutionen im Kanton Zug leben beziehungsweise sich in solchen aufhalten, einen Rechtsanspruch auf den Beizug einer externen Organisation zwecks Inanspruchnahme eines assistierten Suizids (Sterbehilfe) erhalten».
Nun liegt die Antwort der Regierung auf dieses Anliegen vor. Fazit: «Der Regierungsrat hält die Schaffung eines generellen Anspruchs mit Blick auf den gelebten Alltag in den Zuger Spitälern, Kliniken und Pflegeinstitutionen nicht für angezeigt.» Das bedeutet: Der Regierungsrat hält eine gesetzliche Vorschrift, welche einen Rechtsanspruch für die Inanspruchnahme von Suizidhilfe in Pflegeinstitutionen begründet, nicht für nötig. Gemäss Schweizerischem Gesundheitsobservatorium (Obsan) nahmen zwischen 2018 und 2023 im gesamten Kanton Zug 19 Menschen Suizidhilfe in Anspruch. Davon waren elf Frauen, acht Männer. Das sind 16,1 Fälle pro 100’000 Einwohnende im Fünfjahresmittelwert. Der Kanton Zug liegt damit leicht unter dem schweizerischen Schnitt von 16,3 Fällen im Fünfjahresmittelwert.
«Suizidhilfe: Gesetz ist unnötig». Zuger Zeitung. 18.2.2025
«Auch Menschen mit einer Beeinträchtigung haben Anrecht auf professionelle palliative Pflege»
Menschen mit einer Beeinträchtigung haben in der palliativen Pflege ebenso Anrecht auf professionelle Versorgung und ein würdiges Sterben wie alternde und akut erkrankte Menschen ohne Behinderung. Dazu lanciert das Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales in Weinfelden einen neuen Lehrgang in der Weiterbildung, wie die «Thurgauer Zeitung» berichtet. Ein Beispiel, wie es zu einer palliativen Betreuung eines Menschen mit Beeinträchtigung kommen kann, erklärt Sarah Sieber vom Mobile Equipe Palliative Plus Thurgau anhand einer fiktiven Situation mit Martin W.* Martin W. ist 59 Jahre alt und aufgrund seiner Trisomie 21 kognitiv eingeschränkt. Er lebt seit 19 Jahren in einem Thurgauer Wohnheim und fühlt sich dort wohl. Er geht regelmässig in die Werkstatt und stellt dort kleine Produkte her, die im Laden des Wohnheims verkauft werden. Seit sechs Monaten verändert sich Martin W. zusehends. Er zieht sich immer mehr zurück, nimmt weniger an den Veranstaltungen teil. Ausserdem musste er im letzten halben Jahr infolge einer Lungenentzündung dreimal ins Spital. Auch fällt dem Betreuungsteam auf, dass er sich beim Essen immer wieder verschluckt. Besorgt machen sich die Mitarbeitenden des Wohnheims Gedanken. Viele Mitbewohnerinnen und Mitbewohner fragen nach Martin W., denn sie können nicht verstehen, warum es ihm schlecht geht.
Die meisten Institutionen, in denen Menschen mit Beeinträchtigung leben, sind sozialpädagogisch ausgerichtet und verfügen über wenig oder kein ausgebildetes Pflegepersonal. Der Fokus der Betreuung liegt auf der Förderung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, der Integration ins Arbeitsleben und der Förderung der Selbstbestimmung. «Einen Menschen mit Beeinträchtigung in einer palliativen Situation zu begleiten, ist eine grosse Aufgabe, die man nicht alleine schafft. Es braucht medizinisch-pflegerisches Fachwissen sowie agogisches Personal», sagt Sarah Sieber. Das Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales startet am 17. März 2025 den ersten Lehrgang «Palliative Care für Menschen mit Beeinträchtigung». An den fünf Kurstagen geht es unter anderem um die Grundprinzipien einer palliativen Behandlung, der Bedeutung der Symptome und Symptomkontrolle sowie die Themen Ethik und Spiritual Care.
«Palliative Care für Menschen mit Beeinträchtigung». Thurgauer Zeitung. 19.2.2025
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Der 7-jährige Oliver benötigt rund um die Uhr Betreuung. Er hat eine starke Behinderung und einen fragilen Gesundheitszustand. Dank Einsätzen von Freiwilligen der Stiftung Pro Pallium bekommt die Familie Good Entlastung und Zeit zum Durchatmen, wie ein Bericht von «srf mitenand» zeigt. Rund einmal im Monat fährt die Pro-Pallium-Freiwillige Tanja Kälin nach Mels, um dort die Familie und den unheilbar kranken Oliver zu besuchen. Sie begleitet Oliver seit sechs Jahren. Für die Familie ist Tanja Kälin über die vergangenen Jahre hinweg zur Vertrauensperson geworden. «Ihr Blick aufs Leben, ihre Flexibilität und ihre Liebe zu unseren Kindern geben uns Kraft. Sie war und wird immer ein wichtiger Anker für uns sein», so Martina Vetsch Good. Sie hätten zwar Spitex-Unterstützung, aber diese sei an den Pflegeauftrag von Oliver gebunden. Tanja Kälin aber könne auch mal mit Oliver einen Spaziergang machen oder sich um den älteren Bruder kümmern. Und einmal pro Monat können Mutter und Vater einen Abend für sich alleine verbringen.
Für die Freiwilligenarbeit bei Pro Pallium hat sich Tanja Kälin entschieden, weil sie die neu gewonnene Zeit nach dem Erwachsenwerden ihrer Kinder gerne anderen Menschen schenken wollte. «Ich suchte etwas, wo ich mit Kindern arbeiten konnte, gleichzeitig war mir das Thema Tod sehr nahe und wichtig – denn ich hatte am eigenen Mutterleben erfahren, dass wir mit jeder Geburt auch einen Tod schenken.»
«Entlastung von Familien schwerstkranker Kinder». SRF mitenand. 16.2.2025
«Wir sind da, um Menschen in einer schwierigen Zeit beizustehen»
Der Tod ist ein Tabuthema, das viele Menschen meiden. Doch Anne Christine Dölling hat sich bewusst damit auseinandergesetzt. Aus ihrer eigenen Angst heraus begann sie, sich intensiver mit dem Lebensende zu befassen. «Ich fürchtete mich sehr vor dem Tod», sagt sie in einer Reportage von srf.ch. Heute begleitet sie als Lebensende-Doula Menschen auf ihrem letzten Weg. «Eine Doula ist eigentlich eine Begleiterin», erklärt Anne Christine Dölling. «Wir sind da, um Menschen in einer schwierigen Zeit beizustehen – sei es nach einer schweren Diagnose oder bis zum Lebensende. Oft unterstützen wir auch die Angehörigen.» Dabei gehe es nicht um medizinische oder pflegerische Dienstleistungen, sondern um emotionale, spirituelle und soziale Begleitung. Ein wesentlicher Aspekt der Arbeit sei das reine Dasein. «Wir möchten oft helfen, etwas tun, Probleme lösen. Aber als Doula geht es darum, auszuhalten, was ist – ohne zu versuchen, es zu ändern.» Diese Haltung sei eine grosse Herausforderung, aber zugleich das Herzstück der Arbeit. In der Westschweiz gibt es bereits über 200 ausgebildete Doulas. Anne Christine Dölling hat daher den Verein «Lebensende Doula Schweiz» gegründet, um auch in der Deutschschweiz eine Ausbildung aufzubauen. Sie konnte dafür die Unterstützung des Kantons Freiburg und palliative fribourg gewinnen. Die Ausbildung umfasst 15 Kurstage und richtet sich an Menschen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einem Mindestalter von 25 Jahren. Noch wichtiger als formale Kriterien seien jedoch persönliche Eigenschaften: «Offenheit, Toleranz und die Fähigkeit, eigene Emotionen zu reflektieren, sind entscheidend. Wer mit sich selbst nicht im Reinen ist, sollte sich erst um die eigenen Themen kümmern.»
«Bis zum Ende im Leben». srf.ch. 23.2.2025
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Einen Einblick ins erste Kinderhospiz der Schweiz bekommt man bei einem Bericht des «Blick». Der Redaktor trifft im Hospiz «Allani» auf Idris (8) und seine Familie. Idris hat so viele Diagnosen, dass seine Eltern ein ratloses Gesicht machen, wenn sie danach gefragt werden. Als hätten sie den Überblick verloren. Dann zückt Mutter Simona ihr Handy und zeigt eine Liste. Fachbegriffe reihen sich aneinander: «Gastroschisis», «spastische Zerebralparese», «SOD-Syndrom». Seine Hirnrinde ist falsch entwickelt, der Hirnbalken zu dünn, das Gewebe an mehreren Stellen geschädigt. Dazu Autismus, eine schwache Motorik, Verhaltensstörungen, Zwänge – wie die Metallschalen, die er stundenlang gegeneinanderschlagen kann. Oder dann, wenn er sich selbst verletzt, seine Kleider in Fetzen reisst oder mit den Fersen so lange am Unterschenkel schabt, bis die Haut aufplatzt. Die Mediziner wissen nicht, weshalb Idris das alles hat. «Sie sagen: Das sei ‹eine Laune der Natur›», meint Simona. Sie sagt, sie sei in der Schwangerschaft gesund gewesen. Kein Alkohol, keine Drogen, keine Zigaretten, nicht einmal eine Erkältung. «Sehr lange hatte ich trotzdem Schuldgefühle. Idris kommt ja aus meinem Bauch.» Irgendwann habe sie diese Gefühle abgelegt. «Jetzt ist es einfach so.» Idris kann über 80 Jahre alt werden. Er kann aber auch jederzeit einen epileptischen Anfall erleiden – oder einen tödlichen Überdruck in den Wasserkanälen des Gehirns entwickeln. «Bisher war diesbezüglich zum Glück nichts», sagt Vater Soner und fasst mit einer Hand an den Holztisch. Sollte es aber einmal passieren, dann seien sie froh, dass es einen friedlichen Ort wie das Allani gibt. Doch der Staat zahlt keinen Franken an das Kinderhospiz. Damit das Allani überhaupt existieren kann, musste es als «Spitex-Betrieb» im Kanton Bern bewilligt werden. So erhält das Hospiz zumindest IV-Gutsprachen, die künftig maximal 30 Prozent der Kosten decken könnten. Der Rest? Kommt aus Spenden. Drei Millionen Franken pro Jahr braucht es, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. «Wir sind optimistisch, dass uns das gelingt», sagt Allani-Geschäftsführer André Glauser. Die Finanzierung sei bis Ende 2026 gesichert. Und dann?
«Einblick in erster Kinderhospiz der Schweiz». Blick. 9.2.2025
«Wir haben keine Ahnung vom Sterben»
In einer ausführlichen und höchst lesenswerten Reportage im «Das Magazin» berichtet die Autorin und Filmerin Anita Blumer über das Sterben ihrer Mutter im Zürcher Lighthouse. Sie erzählt, wie sie und ihre Schwester fast euphorisch waren, als sie ihre Mutter nach langen Spitalaufenthalten ins Lighthouse begleiten durften. «Noch ahnen wir nicht, dass ihr Aufenthalt nur zwei Wochen dauern wird. Wir rechnen sogar noch aus, dass ihre Ersparnisse für einen Aufenthalt von knapp zwei Jahren reichen. Wir haben keine Ahnung vom Sterben.» Mit der Zeit entdeckt die Autorin, die selbst gerade Mutter geworden ist, zwei Aspekte des Sterbens, die auf sie gegensätzlich wirken: Auf der einen Seite der körperliche Zerfall. Schwerkranke Menschen erbrechen, brauchen Windeln, müssen gefüttert werden und leiden unter Schmerzen. «Auf der anderen Seite haftet dem Ende etwas Mystisches und Erhabenes an. Jeder Moment mit meiner Mutter ist jetzt etwas Besonderes. Sie ist etwas Besonderes.» In der Reportage bekommen die Leserinnen und Leser einen Einblick in den Alltag im Zürcher Lighthouse aber auch einen Einblick in die Seele der Reporterin. «Meine Mutter hat nie über den Tod oder das Sterben gesprochen.» Es seien die akuten Beschwerden gewesen, die sie beschäftigten. «Falls sie jetzt über ihr Ende nachdenkt, kann sie es nicht mehr mitteilen. Aber man kann auch sterben, ohne darüber nachzudenken», schreibt die Journalistin und erinnert sich an einen TV-Beitrag. Auch dass man loslassen müsse, sei ein Klischee, sagt der renommierte Palliativmediziner Gian Domenico Borasio in der TV-Sendung «Sternstunde Philosophie». Der Mensch müsse am Lebensende gar nichts, sondern dürfe genau so gehen, wie es seinem Wesen und seiner Biografie entspreche.
«Ende gut». Das Magazin. 8.2.2025