«Alle sollen sich das Hospiz leisten können!» Das ist das Ziel des Luzerner Mitte-Politikers Stephan Schärli. Er will die Finanzierung des Hospizes Zentralschweiz reformieren. Das Team des Hospizes Zentralschweiz im Stadtluzerner Ortsteil Littau hat im letzten Jahr 161 Patienten in den Tod begleitet. Die meisten der im Durchschnitt etwa 70 Jahre alten und unheilbar kranken Menschen stammten aus dem Kanton Luzern und blieben für rund drei Wochen. Weil die Pflege und Betreuung sehr aufwendig sind, sind beinahe dreimal so viele Angestellte wie in einem Pflegeheim nötig. Trotz dem hohen Pflege- und Betreuungsaufwand ist der Aufenthalt im zweitgrössten Hospiz der Schweiz fast dreimal günstiger als in einem Spital – allerdings nicht für Patientinnen und Patienten: Sie müssen pro Tag 273 Franken aus der eigenen Tasche bezahlen. Auch für das Hospiz geht die Rechnung nicht auf. Es schreibt jährliche Defizite von rund 800'000 Franken, die über Spenden gedeckt werden müssen. Nun schlägt Mitte-Kantonsrat Stephan Schärli ein neues Finanzierungsmodell vor. Dank diesem würden Hospizbewohnerinnen und -bewohner um täglich 250 Franken entlastet. Sie müssten somit nur noch den vorgeschriebenen Anteil von 23 Franken pro Tag an den Pflegekosten zahlen. Das sind monatlich etwa 700 Franken – oder weniger als ein Zehntel des aktuellen Betrags. Auch das Hospiz würde stark entlastet: Das über Spenden auszugleichende Minus dürfte laut Schärli auf jährlich etwa 250'000 Franken sinken. Möglich machen soll dies der Kanton. Schärli, der als Leiter der Notfallstation im Spital Wolhusen arbeitet, schlägt einen Anteil von 550 Franken an den Kosten pro Bett und Tag von gut 800 Franken vor. Den Rest sollen wie bisher die Wohngemeinde (141 Franken), die Krankenkasse (96 Franken) und der Patient oder die Patientin (23 Franken) übernehmen. Im Kanton Wallis ist man diesen Weg bereits gegangen: Der Staatsrat hat Ende 2022 entschieden, den beiden Hospizen in Sitten und Ried-Brig eine Pauschale von erst 635 und mittlerweile 655 Franken pro Tag und Patient zu finanzieren.
«Alle sollen sich das Sterben im Hospiz Zentralschweiz leisten können». Luzerner Zeitung. 15.6.2024
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Neues Amt für Michael Jordi: Der ehemalige GDK-Generalsekretär ist neu Mitglied des Vorstandes palliative.ch. Michael Jordi trat Ende September 2023 als Generalsekretär der Gesundheitsdirektoren-Konferenz zurück – nach insgesamt 22 Jahren in dieser Institution. Als Gesundheitsökonom verfügt Michael Jordi über ausgewiesene Kompetenzen im Bereich Finanzierung, insbesondere auch Tarifierung, Gesundheitsrecht und Verwaltungsrecht. Michael Jordi ist vielsprachig und legt grossen Wert auf den paritätischen Einbezug aller Regionen der Schweiz in nationale Gremien und Arbeitsgruppen. Eines der Ziele des neuen Vorstandsmitglieds: «Palliative Care muss in der Öffentlichkeit noch bekannter werden. Dafür möchte ich mich einsetzen.» Präsidiert wird palliative.ch weiterhin von Nationalrätin Manuela Weichelt.
«Neues Amt für Michael Jordi». Medinside.ch. 10.6.2024
«Ein kantonaler Behandlungs- und Therapieplan ist entstanden»
Menschen, die schwer oder unheilbar erkrankt sind, sollen aktiv an ihrer Behandlung beteiligt werden und ihre persönlichen Werte und Wünsche einbringen können. Das schreibt die Urner Gesundheits-, Sozial- und Umweltdirektion (Gsud) in einer Medienmitteilung. Dabei erleichtere eine frühzeitige und sorgfältige Planung die Situation für die Betroffenen und deren Angehörige. «Dies gilt gleichermassen für Institutionen, Organisationen und Fachkräfte, welche Betroffene und deren Familien in einer palliativen Situation behandeln, betreuen und begleiten.» Im Rahmen der Umsetzung des «Aktionsplanes Palliative Care Uri» ist ein kantonaler Behandlungs- und Therapieplan entstanden. Er ist ein Instrument für Fachpersonen, welches bestehende Dokumente wie die Patientenverfügung oder den Vorsorgeauftrag ergänzt und dann zur Anwendung kommt, wenn eine palliative Behandlung startet. Denn oft werden palliative Situationen plötzlich sehr anspruchsvoll und es müssen Entscheidungen unter hohem Zeitdruck gefällt werden. «Die Rückmeldungen der Institutionen und Organisationen sowie der Fachkräfte zeigen, dass der kantonale Behandlungs- und Therapieplan einen Mehrwert schafft», wird der Kantonsarzt, Jürg Bollhalder, zitiert. «Die Selbstbestimmung der Patientin oder des Patienten wird gestärkt und der Informationsfluss zwischen den verschiedenen Beteiligten einfacher.»
«Behandlungsplan bewährt sich». Urner Zeitung. 5.6.2024
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Das Hospiz Aargau ist unermüdlich in seinem Bestreben, Menschen ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Die Zahlen des Jahresberichts 2023, die Geschäftsführer Dieter Hermann kürzlich an der Mitgliederversammlung präsentierte, widerspiegeln dies: In der stationären Betreuung der Patientinnen und Patienten im Hospiz in Brugg wurde letztes Jahr ein Maximalwert an 3230 geleisteten Pflegetagen erreicht, mit einer Bettenauslastung von 96,2 Prozent, was einer Vollauslastung nahekommt. Die ehrenamtlichen Einsätze der rund 100 Freiwilligen in allen drei Fachbereichen «Hospiz Stationär», «Hospiz Ambulant» und «Hospiz Trauertreff» stiegen auf knapp 10 000 Einsatzstunden. Um das Hospiz in Zukunft noch stärker in der Öffentlichkeit zu positionieren, wird unter anderem ein Kreis mit Botschaftern aufgebaut, mit dem ehemaligen SP-National- und Regierungsrat Urs Hofmann an der Spitze. Der Verein Hospiz Aargau zählt fast 1000 Mitglieder und hat im Kanton mit über 700 000 Einwohnerinnen und Einwohnern noch viel Potenzial.
«Zwei Bekannte übernehmen Schlüsselpositionen». Zofinger Tagblatt. 25.6.2024
«Cannabis wirkt offenbar auch palliativ bei Tumorschmerzen»
Kürzlich referierte in Diessenhofen Simon Nicolussi von der Schweizerischen Fachgesellschaft Cannabis in der Medizin. Es ging um die Pflanze, die lange Zeit als Rauschmittel illegal war und erst seit Kurzem als Heilpflanze verwendet wird. «Nur die weiblichen Blüten enthalten das Harz Cannabinoid, das auf das zentrale Nervensystem wirkt», so der Referent. Im Mittelpunkt stehen die Inhaltsstoffe CBD (Cannabidiol) und THC (Tetrahydrocannabinol). Beide sind medizinisch relevant. Seit 2023 laufen Pilotprojekte an der Universität Zürich, die die Wirkung der Hanfpflanze – die botanisch mit dem Hopfen verwandt ist – genauer untersuchen. Seit dem 1. August 2022 ist Cannabis in der Schweiz medizinisch und seit 2024 in Deutschland generell legal. Simon Nicolussi betonte, dass der Einsatz von Cannabis in enger Absprache mit Patient, Pflegepersonal, Arzt und Apotheker erfolgen muss. Ebenso wichtig sind die Reinheit und Qualität der verwendeten Substanzen. Und auch wenn mit Cannabis bei bestimmten Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder Demenz schon grosse Erfolge erzielt wurden und auch palliativ gegen Tumorschmerzen wirkte, ist es kein Allheilmittel.
«Cannabis als Heilpflanze – die Chancen und Herausforderungen». Schaffhauser Nachrichten. 7.6.2024
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Als ärztlicher Leiter Palliative Care der Spitalregion Rheintal-Werdenberg-Sarganserland hat Raoul Pinter eine Palliativstation im Spital Altstätten aufgebaut, einen Palliativ-Konsiliardienst und ambulante Palliativsprechstunden in den Spitälern Altstätten und Grabs eingeführt. Seit 2024 leitet er zusätzlich das Hospiz St. Gallen. Und auch in unserem Nachbarland Liechtenstein ist er regelmässig an Fachveranstaltungen anzutreffen und trägt dazu bei, dass das Netzwerk nicht an der Landesgrenze endet. Im Interview mit der dortigen Zeitung «Vaterland» spricht er über die Hospizbewegung, Familienhilfe und das Netzwerk der Palliative Care. Warum ist ihm das Thema Palliative Care derart wichtig? «Ich kam von der Radioonkologie und habe viel mit Krebspatienten gearbeitet. Dort habe ich gemerkt, dass die heilende oder kurative Medizin irgendwo ihre Grenzen hat. So wurde der Teil der Palliative Care relativ früh bei meiner Tätigkeit wichtig», sagt Raoul Pinter. Er erinnert im Gespräch dran, dass Palliative Care nicht nur bei älteren Menschen am Lebensende zum Zuge kommt, sondern bei allen Menschen, die eine lebensbedrohliche oder lebenslimitierende Krankheit haben. «Und Palliative Care kommt auch bei sämtlichen neurologischen und degenerativen Erkrankungen wie ALS, MS oder bei der Demenz zum Einsatz. Nicht zu vergessen sind die Kinder mit unheilbaren Krankheiten bis hin zu Neugeborenen, die mit angeborenen schweren Erkrankungen auf die Welt kommen.» Und wie schätzt der Spezialist die aktuelle Situation in Liechtenstein ein? «Bezogen auf die Grösse Liechtensteins gibt es erstaunlich viele Organisationen, die eine gute Grundversorgung anbieten. Natürlich gibt es im spezialisierten Setting nicht so viele Anbieter. Aber das Wenige, was es gibt, ist sehr gut bis exzellent.»
«Palliativmediziner Raoul Pinter im Interview». Vaterland. 18.6.2024
«Die Bewältigung des Alltags fordert viel Kraft»
Familien mit einem schwerkranken Kind stehen tagein und tagaus grossen Herausforderungen gegenüber. Die Bewältigung des Alltages fordert von Eltern, Geschwistern und weiteren Angehörigen viel Kraft. Die Stiftung Pro Pallium ergänzt mit ihrem Angebot die Dienstleistungen anderer Organisationen und Institutionen. Damit soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass Familien – wenn es gewünscht ist – ihr schwerstkrankes Kind zu Hause in seinem Umfeld betreuen und pflegen können. Basis des Entlastungsangebotes sind die freiwilligen MitarbeiterInnen. Sie unterstützen die Familien im unmittelbaren Alltag. Petra Männer ist Regionalleiterin für den Kanton Bern und das Wallis. «Bevor ich aus meinem Pool, bestehend aus rund 20 Freiwilligen, jemanden für eine neu angemeldete Familie kontaktiere, besuche ich die Familie und wir klären gemeinsam ihre Bedürfnisse ab.» Grundvoraussetzungen dafür, sich als freiwillige Mitarbeiterin oder freiwilliger Mitarbeiter bei Pro Pallium zu bewerben, sind Freude am Umgang mit Kindern, Offenheit, Empathie und Zuverlässigkeit. «Meine Freiwilligen kommen vor allem aus der Stadt und der Agglomeration. Deshalb sind wir froh um interessierte Personen aus dem Oberland, um auch dort betroffene Familien begleiten zu können», so Männer. Auf ihre Einsätze vorbereitet werden die Freiwilligen an einer mehrtägigen Basisschulung, an regelmässigen Aus- und Weiterbildungen sowie beim gegenseitigen Austausch mit der Regionalleiterin.
«Entlastung für Familien schwerstkranker Kinder». Frutigländer. 7.6.2024
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Eine berührende Reportage zur Stiftung Pro Pallium findet sich Anfang Juni in der Zeitung «Schweiz am Wochenende». Die zehnjährige Julia hat Kinderdemenz. Als Kleinkind ist Julia aufgeweckt, springt viel herum und lernt immer mehr neue Sachen. So wie andere Kinder auch. Doch irgendwann nicht mehr. Stattdessen vergisst sie alles wieder. Nach etlichen Abklärungen war es schliesslich ein Gentest, welcher der Familie vor fünf Jahren Gewissheit verschaffte. Die Diagnose war niederschmetternd: Muccopolysaccharidose – oder einfach Kinderdemenz. Heute kann Julia nicht mehr reden, läuft nur noch mit Hilfe. «Sie braucht bei allem unsere Unterstützung», sagt Mutter Ursina Schmid. «Beim Essen, beim Anziehen, beim Einschlafen … 24 Stunden am Tag kümmert sich jemand um Julia.» Julia ist eines von schweizweit geschätzt zwischen 7000 und 10 000 Kindern, die an einer lebenslimitierenden Krankheit leiden und palliative Pflege benötigt. Denn für Eltern kranker Kinder ist diese Pflege aufwendig. Es gibt fast keine Pausen und weniger Schlaf. Je nach Diagnose des Kindes müssen Eltern Sauerstoffflaschen wechseln, Sonden legen oder medizinische Geräte überwachen. Entlastung sei daher besonders wichtig. Julias Eltern haben sich etwa ein halbes Jahr nach der Diagnose bei Pro Pallium gemeldet. Im Artikel von «Schweiz am Wochenende» wird Mitarbeiterin Tanja Kälin begleitet. Sie besucht die Familie in Zizers jeden Mittwochnachmittag. Und das seit mehr als vier Jahren. «Es gibt mir auf der seelischen Basis sehr viel, wenn ich Menschen helfen kann, denen es nicht so gut geht. Das ist eine grosse Genugtuung», sagt Kälin. «In einem sehr einschneidenden Moment in meinem Leben, ich hatte eine Totgeburt erlebt, merkte ich: Bei jeder Geburt schenken wir einem Kind auch den Tod.» Seither war für Kälin klar, dass sie sich engagieren will. Für Kinder, die sterbenskrank sind.
«Bei jeder Geburt schenken wir einem Kind auch den Tod». Schweiz am Wochenende. 8.6.2024
«Schauspieler Jürgen Vogel schlägt ernste Töne an»
Das Lachen von Schauspieler Jürgen Vogel (56) ist mit seinen grossen Zahnlücken unverkennbar. Doch in der «NDR Talk Show» am 21. Juni 2024 schlug er ernste Töne an und sprach über schwere private Schicksalsschläge. Sein Leben sei «gepflastert von Krankheit und Tod». Er kenne Menschen, «die ums Überleben gekämpft haben». Manche hätten es geschafft, manche nicht. «Man hat da jahrelang mitgekämpft.» So schilderte er: «Ich habe drei Schwestern, die alle Krebs hatten und haben.» Einer Schwester hat er Knochenmark gespendet. Sie hatte Leukämie. Die Schwestern leben noch trotz ihrer schweren Krankheiten. Sein Vater hingegen starb mit 58 Jahren an Krebs. «Da war ich Anfang, Mitte 20». Das Thema Tod begleitet ihn also schon lange. In der Talksendung vom Juni dabei war auch sein Cousin Benjamin Vogel. Dieser verlor einen Sohn kurz nach der Geburt, die Mutter des zweiten Sohnes starb an einem Tumor, sein Vater an Corona. All diese Erlebnisse zeichnen den Lebensweg der zwei Männer. Um unheilbare Kranke und deren Angehörige zu unterstützen, gründeten die Cousins vor drei Jahren den Verein «Palliativberatung basis e.V.» Schirmherr ist Jürgen Vogel. Der Schauspieler engagiert sich zudem für ein Kinder–Hospiz in Hamburg und den Verein «Junge Helden», der über Organspende aufklärt.
«Jürgen Vogel spricht über die Krebserkrankung seiner drei Schwestern». Schweizer Illustrierte. 22.6.2024
«Was ist im Leben noch wirklich wichtig?»
Es ist eine besondere Herausforderung über den möglichen Tod der Liebsten oder sogar das eigene Ableben nachzudenken. Fotoreporter und Fotograf Fabian Biasio tut genau das. In der aktuellen Ausgabe von «NZZ Megahertz» spricht er über den Tod seiner Eltern, wie diese Erlebnisse seine Arbeit beeinflusst haben und wie man es möglicherweise schafft, diese komplizierten Themen in der Familie anzusprechen. Das Thema Tod, wir wollen nicht darüber reden. Doch das ist nicht in allen Kulturen so. In Indien zum Beispiel, wo Filmemacher Fabian Biasio für seinen ersten Dokumentarfilm «Sub Jayega – die Suche nach dem Palliativ-Care-Paradies» hinreiste, ist es völlig normal, über die Vergänglichkeit zu sprechen. Auch hierzulande wäre es nach Ansicht des Fotoreporters wichtig, sich Zeit für die Verarbeitung zu nehmen und sich mit dem drängenden Fragen auseinanderzusetzen: Welche medizinischen Behandlungen oder Pflege wünscht man sich bei unheilbaren Krankheiten? Wie möchte man seine Beisetzung gestalten? Oder was ist einem im Leben noch wirklich wichtig? In der aktuellen Podcast-Episode spricht Fabian Biasio über persönliche Erlebnisse mit Tod und Trauer. Er berichtet von seinen Erfahrungen, die er bei den Dreharbeiten der Dokumentarfilme in Indien und Amerika sammelte. Der Luzerner plädiert dafür, sich nicht länger diesen Themen zu entziehen, sondern sie vielmehr zum Anlass zu nehmen, Klarheit über die Dinge zu gewinnen, die einem selbst wichtig sind.
«Wie ich mit meinen Eltern über den Tod spreche». NZZ Megahertz. 6.6.2024