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Medienschau April 2024

Medienschau April 2024

Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild gme)

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07. Mai 2024
Mit der neuen Strategie Palliative Care im Kanton Zürich sollen Palliativärzte aus Spitälern Sterbende auch zu Hause betreuen. Im Oberwallis ist das Hospiz «HOPE» eröffnet worden, und Künstliche Intelligenz (KI) hält auch im Palliative Care Bereich Einzug. Diese und weitere Themen in unserer Medienschau vom April.
Die medizinische Betreuung für Unheilbarkranke und Sterbende ist in der Schweiz lückenhaft. Mit der neuen Strategie Palliative Care versucht der Kanton Zürich den Befreiungsschlag. Die NZZ wollte wissen, was Palliative-Pionier Andreas Weber dazu sagt. Denn gegenwärtig ist die flächendeckende Betreuung mit Palliative Care nicht sichergestellt. Was heisst das? «Es bedeutet, dass viele nicht sterben können, wie und wo sie wollen», sagt Andreas Weber. Eine Lücke gibt es im Kanton Zürich vor allem bei den Pflegeheimen. «Dort mangelt es für die komplexen Fälle oft an Fachleuten und dem nötigen Wissen. Und für den Einsatz mobiler Palliative-Care-Dienste fehlt fast überall die Finanzierung.» Das Resultat seien unnötige Verlegungen ins Spital oder lebenserhaltende Massnahmen, die gar nicht gewünscht seien. Nun will der Kanton Zürich die Palliative Care flächendeckend ausbauen. Eine zentrale Neuerung: Palliativärztinnen und -ärzte aus Spitälern sollen Sterbende auch zu Hause betreuen. «Es ist zwingend, dass die Ärzte auch wirklich zu den Patienten nach Hause gehen», sagt Andreas Weber. Dafür brauche es einen Mentalitätswandel, eine gute Ausbildung und eine ausreichende Finanzierung. «Das würde sich langfristig rechnen, weil dieselbe Behandlung im Spital deutlich teurer ist. Nehmen wir das Beispiel einer punktierten Lunge: Das kostet ambulant etwa 500 Franken, mit Ambulanz und Hospitalisierung sind wir schnell bei über 10 000 Franken.» Unter anderem weist Andreas Weber im Gespräch mit der NZZ darauf hin, dass momentan ein Grossteil der Kosten für Palliative Care zu Hause nicht von den Krankenkassen übernommen wird. Sein Fazit: «Alle finden unsere Arbeit gut und wichtig, aber mit Palliative Care wird man am Ende als Gesundheitseinrichtung nie viel Geld verdienen. Und weil das so ist, fehlt uns eine starke Lobby, die die Politik beeinflussen könnte. Kommt dazu: Die Menschen, die am meisten davon profitieren, können sich nicht mehr dafür einsetzen. Weil sie schon verstorben sind.»

«Er begleitet Menschen in den Tod und …». NZZ. 03.04.2024
«Eine Tagespauschale, die beiden Hospizen vom Kanton zugesichert wurde, erleichtert die finanzielle Situation»

Mitte April ist das Hospiz Oberwallis «HOPE» eröffnet worden. Ein paar Tage zuvor besuchte der «Walliser Bote» die Institution mit spezialisiertem Palliative-Care-Auftrag im Langzeitbereich. Ende September 2020 unterzeichneten die Verantwortlichen des Vereins Hospiz Oberwallis den Kaufvertrag des ehemaligen Hotel-Restaurant Chavez in Ried-Brig. Umbauten der alten Räumlichkeiten wurden geplant. Man rechnete mit einer Eröffnung im Laufe des Jahres 2022. Doch es kam anders. Die notwendigen baulichen Massnahmen wie die Verbreiterung des Flurs, so dass Pflegebetten durchgeschoben werden können, hätten den finanziellen Rahmen deutlich gesprengt. Also wurde im Oktober 2022 der Entscheid gefällt, das alte Gebäude abzureissen und einen Neubau zu errichten. Die Arbeiten begannen im Februar 2023. Nun ist das Hospiz Oberwallis bereit für seine Gäste.

Elf Pflegefachpersonen werden sich in 24-Stunden-Schichten um die Bewohnerinnen und Bewohner des Hospizes kümmern. Der Pflegeschlüssel ist im «HOPE» höher als die vorgegebenen 1,2 bis 1,4 Pflegefachpersonen pro Patient. Der hohe Stellenschlüssel bezieht sich jedoch nicht nur auf die medizinische und gesundheitliche Pflege, sondern darauf, dass 24 Stunden diplomierte Pflegefachpersonen anwesend sein müssen, um die komplexe Versorgung der Menschen am Lebensende sicherzustellen. Der Kanton erteilte einen Leistungsauftrag, wie auch beim bereits bestehenden Hospiz im Unterwallis. Eine Betriebsbewilligung wurde ebenfalls erteilt. Eine Tagespauschale, die beiden Hospizen vom Kanton zugesichert wurde, erleichtert die finanzielle Situation der Stiftung.

«Hospiz Oberwallis eröffnet». Walliser Bote. 3.4.2024
«KI identifiziert Patientinnen und Patienten mit Bedarf nach Palliative Care»

In den USA läuft ein Pilotversuch mit Künstlicher Intelligenz (KI) im Palliative Care Bereich. Im Gesundheitsforschungsunternehmen Mass General Brigham (MGB) in Boston hilft das Programm «Smart Hospice», Patientinnen und Patienten mit Bedarf nach Palliative Care zu identifizieren. Zum Einsatz kommt dabei auch künstliche Intelligenz (KI), wie der «Blick» mit Bezug auf das amerikanische Fachblatt «Fierce Healthcare» berichtet. Die erste Testphase von «Smart Hospice» dauerte sechs Monate. Nach der Einführung von Smart Hospice in einem Akutkrankenhaus in Boston wurden neun Prozent der Patienten im Programm zur Prüfung vorgeschlagen. Innerhalb von sechs Monaten erhielten 40 Patienten Palliative Care. Ohne die Unterstützung durch Smart Hospice wären 17 dieser Patienten nicht als Palliativpatienten eingestuft worden und hätten die nötige Behandlung nicht erhalten.

In der Pilotstudie waren die hohen Gesundheitskosten am Lebensende ein Antrieb. Mit Erfolg, denn dank der Verlegung von 13 Patienten konnte eine Einsparung von 850'000 Dollar erzielt werden. «Palliative Care ist personalintensiv und hat daher auch seinen Preis», meint David Blum, Leitender Arzt Palliative Care am Universitätsspital Zürich. Auch in der Schweiz setzt man sich mit diesem Bereich auseinander. «Im Alltag kommt KI noch nicht zur Anwendung, aber auch wir forschen, ob und wie KI in der Palliative Care eingesetzt werden kann», bestätigt Blum gegenüber der Zeitung. Es sei heute leider so, dass nicht alle, die Palliative Care brauchen, diese auch erhalten. «Solche Ansätze können helfen, das zu verbessern.» Blum betont aber, dass der Mensch im Zentrum bleibt. «Solche Ansätze ersetzen nicht die menschliche Begegnung, sondern bieten Unterstützung», sagt der Facharzt.

«Künstliche Intelligenz unterstützt neu bei der Palliativpflege». Blick. 19.4.2024

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Der «Zürcher Oberländer» hat die Palliativstation in Uster besucht. Für seine Reportage begleitet der Journalist den Ärztlichen Leiter Sivan Schipper und Pflegedienst-Leiterin Helen Stolz bei ihrer Arbeit. Die Palliativstation beherbergt unheilbar kranke Menschen, deren letzte Lebensphase möglichst würdevoll und angenehm gestaltet werden soll. «Im Vordergrund steht der Mensch und nicht unbedingt das Medizinische», sagt Sivan Schipper. «Die Patienten sollen sich hier wie zu Hause fühlen», ergänzt Pflegefachfrau Helen Stolz. Die beiden haben viel Herzblut in die Palliativstation des Spitals Uster gesteckt, die im Mai letzten Jahres eröffnet wurde. «Im Zürcher Oberland gibt es ein wachsendes Bedürfnis an einer ganzheitlichen Betreuung», sagt Helen Stolz. Die Palliativstation sei eine Antwort auf diese steigende Nachfrage, die sich schweizweit beobachten lässt. Die Station des Spitals Uster verfügt über acht Betten in vier Einzel- und zwei Doppelzimmern mit Übernachtungsmöglichkeit für Angehörige. Die Patientinnen und Patienten werden von einem multiprofessionellen Team umsorgt. Dieses besteht aus einem pflegerischen Team, einem ärztlichen Dienst, einem Konsiliardienst, Physiotherapie, Ernährungsberatung, einem Sozialdienst und der Seelsorge. Als zusätzliche Ressource gibt es freiwillige Mitarbeitende, eine Kunst- und Musiktherapeutin sowie eine Hundetherapie. In den Räumlichkeiten herrscht eine frische Atmosphäre und das ist gewollt, denn die Schicksale der Menschen auf der Palliativstation sind schwer genug. «Wir führen mit allen Patientinnen und Patienten Familiengespräche durch, auch unter Einbezug ihrer Bezugspersonen; viele finden in der hellen «Stubä» oder in den grossen Patientenzimmern statt», sagt Schipper. «Während manche Menschen ihre Situation leicht annehmen können, reagieren andere mit Verdrängung oder einem Schockzustand.» Dieser manifestiert sich dann laut Schipper in einer Krise. «Die Menschen empathisch durch diese Krise zu begleiten, gehört zu unseren Hauptaufgaben.»

«Sie begleiten unheilbar kranke Menschen im Spital Uster». Zürcher Oberländer. 03.04.2024
«Es geht darum, was der Patient will – und was nicht»

Vielleicht in keinem Bereich des Gesundheitswesens ist die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen wichtiger als in der Palliative Care. Bei der Betreuung von Patientinnen und Patienten in ihrer letzten Lebensphase würden Ärzteschaft und Pflege auf Augenhöhe zusammenarbeiten, sagt Prof. Dr. med. David Blum, Leiter des Zentrums für Palliative Care am Stadtspital Zürich und des Kompetenzzentrums Palliative Care am Universitätsspital Zürich. «Teams haben oft ärztlich-pflegerische Co-Leitungen; Aufnahmegespräche, Visiten und Konzile werden gemeinsam durchgeführt.» Darüber hinaus sind Spezialistinnen und Spezialisten aus Fachgebieten wie Psychologie, Ernährungsberatung oder Seelsorge mit an Bord. Denn in der letzten Lebensphase geht es nicht nur um biomedizinische Fragen, sondern vor allem darum, was die Patientin oder der Patient will – und was nicht. Die Palliative Care verstehe sich als Paradedisziplin der patientenzentrierten Medizin, sagt Blum. Man diskutiere gemeinsam die Vor- und Nachteile einer Therapie. «Vielleicht ist es dann für eine Patientin oder einen Patienten wichtiger, noch einmal nach Italien zu reisen, als wegen einer Behandlung ans Spital gebunden zu sein.» Das alles macht die Palliative Care zu einem abwechslungsreichen und spannenden Berufsfeld – aber es bringt auch Herausforderungen mit sich. Manche dieser Herausforderungen sind medizinischer Natur. Andere Schwierigkeiten der Palliative Care sind politisch und finanziell begründet. Gerade die Finanzierung der spezialisierten mobilen Palliative-Care-Dienste (MPD) sei nicht geregelt, sagt Renate Gurtner Vontobel, Geschäftsführerin von palliative.ch. Ungenügend finanziert seien auch die Hospize, die Menschen betreuen, bei denen eine Behandlung zu Hause oder im Pflegeheim nicht möglich und die Infrastruktur eines Akutspitals nicht sinnvoll ist. Sie sind im Krankenversicherungsgesetz nicht als Leistungserbringer aufgeführt.

«Mehr als bloss Händchen halten und Morphin verabreichen». Schweizerische Ärztezeitung. 24.4.2024

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«Vor vier Jahren hatte ich ein Melanom», erzählt der 57-jährige Hans-Peter Müller in einer Reportage des «Zürcher Oberländers». Erst habe es Entwarnung gegeben. «Alles gut, hiess es damals.» Das war im Jahr 2020. Doch letztes Jahr bekam Müller die Diagnose Krebs. Ableger fand man bereits in der Lunge, der Milz, der Leber und später gar im Kopf. «Ich habe das nüchtern betrachtet und habe mich darauf eingestellt, dass das Leben nicht mehr lange dauert. Vor dem Sterben habe ich keine Angst.» Die Ruhe, die dieser Patient trotz seinem schweren Schicksal ausstrahle, sei selten und beeindruckend, sagt Andreas Weber, Leiter des mobilen Palliativteams des GZO Spital Wetzikon, der auf Visite ist. «Oft fällt es den Menschen viel schwerer zu akzeptieren, dass das Leben bald zu Ende geht.» Das gelte besonders für diejenigen, die wie dieser Patient noch keine 80 Jahre alt seien. «Dann arbeiten wir oft mit Psychologen und Seelsorgern zusammen», so der Palliativmediziner. Das mobile Palliative-Care-Team sorgt dafür, dass Patienten möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden bleiben können, wenn sie dies wünschen. Da Herr Müller aber schon häufig gestürzt ist und es viele Schwellen in seiner Wohnung gibt, entscheidet er sich, bald in ein Hospiz zu zügeln, wozu ihm der Arzt auch riet. Das sei aber die Ausnahme, sagt Andreas Weber. «Die meisten Menschen wollen bis zum Schluss zu Hause bleiben.» Dank der Arbeit von Ehrenamtlichen, Familie und Freunden gelinge das in den meisten Fällen. Dazu kommt die fachliche Begleitung durch die Spitex, den Hausarzt und Andreas Weber mit dem Team des GZO. Für den Palliativmediziner Weber ist es wichtig, dass die Lebensqualität in der letzten Phase des Lebens verbessert wird. «Wir Ärzte müssen mehr auf die Menschen zugehen, damit Patienten nicht wegen mangelnder Information auf der Intensivstation behandelt werden müssen, wenn sie das nicht wollen.»

«Wenn der Palliativmediziner zum Hausbesuch vorbeikommt». Zürcher Oberländer. 16.04.2024
«Es war sein freier Wille, ich musste nicht für ihn entscheiden»

Ebenfalls in der Serie mit dem Titel «Palliative Care im Oberland» erscheint im April ein Artikel über Marion Grau-Wurmitzer, die ihren Vater beim Sterben begleitet hat. Im Blumengarten bei den Heimen Uster erzählt die 47-Jährige, wie sie die letzte Zeit mit ihrem Vater erlebt hat. Der Weg, den die Tochter und ihr Vater zurückgelegt haben, war ein steiniger – besonders nach der Diagnose Parkinson vor 17 Jahren. Die ganze Familie wurde gefordert. «Zu seinen besten Zeiten hielt ich meinen Vater für unsterblich, er war ein Naturbursche, ein Lebemann.» Dann aber sei es schwierig geworden, die Zukunft zu planen. Der Vater, der früher sehr gesellig war, zog sich immer mehr zurück. In den Heimen Uster fand er ein Zuhause, das ihm Sicherheit gab. Hier sollen Patientinnen und Patienten möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Nach einem gelungenen Pilotprojekt setzt man seit zwei Jahren verstärkt auf palliative Konzepte. Gemeinsam mit dem Palliativ-Team des GZO haben die Heime Uster die palliative Betreuung ausgebaut. Die Pflegefachkräfte haben eine umfassende Schulung in der Palliativversorgung absolviert und prüfen regelmässig mit den Bewohnenden, ob eine spezialisierte palliative Betreuung erforderlich ist. Durch die Zusammenarbeit mit dem GZO haben Bewohnende und ihre Familien Zugang zu speziell geschulten Beratern und Beraterinnen für die Gesundheitliche Vorausplanung (Advance Care Planning). Dabei geht es darum, die eigenen Werte und Vorstellungen in Bezug auf die Behandlung und Betreuung bei Krankheit, Unfall oder Pflegebedürftigkeit zu reflektieren und, für den Fall der Urteilsunfähigkeit, eindeutig und verständlich festzuhalten. So war es auch bei Marion Grau-Wurmitzers Vater. Dieser hatte eines Tages Wasser in den Lungen. «Ich habe ihm gesagt, dass wir nach dem Palliativplan gehen.» Sie legte ihre Hand auf die seine und fragte: «Wenn du ins Krankenhaus willst, drückst du mich leicht.» Der Vater gab keinen Druck. «Da war für mich klar, er hat sich entschieden.» Zwei Stunden später starb er im Alter von 83 Jahren. «Es hätte nicht besser laufen können, es war sein freier Wille, und ich musste nicht für ihn entscheiden.»

«Es war würdevoll». Zürcher Oberländer. 13.04.2024
«Überzeugung und viel Herzblut für die Sache obsiegten»

Der Zuger Pfarrer Andreas Haas war neun Jahre im Stiftungsrat des Hospizes Zentralschweiz und über zwanzig Jahre im Vorstand des Vereins Hospiz Zug. Nun hat er beide Aufgaben in neue Hände gegeben und blickt auf eine intensive, aber erfüllende Zeit zurück, wie er im Gespräch mit der «Zuger Zeitung» sagt. «Ich hatte mir vorgenommen, diesen Schritt zu tun, sobald ich sechzig bin. Das war 2023 soweit», sagt er und ist dankbar, seine Verantwortlichkeiten in guten neuen Händen zu wissen: Sein Nachfolger in Luzern ist Karl Huwyler aus Walchwil, ehemaliger Präsident der Vereinigung der Katholischen Kirchgemeinden des Kantons Zug. Im Verein Hospiz Zug übernimmt der reformierte Chamer Pfarrer Michael Sohn Haas’ Aufgaben. «Es ist mir eine grosse Freude, mit dem Hospiz Zentralschweiz ein Haus zu übergeben, das seinen festen Platz gefunden hat und das ich aktiv mitgestalten durfte», sagt Andreas Haas. «Die Einrichtung nimmt eine sehr wichtige Aufgabe im Dienste des Menschen wahr.» Zurückblickend erinnert er sich an herausfordernde Zeiten; organisatorisch hat das Haus vor allem in den ersten Jahren einige Tiefen durchgemacht. Zwischenzeitlich habe der Stiftungsrat gerade mal aus zwei Personen bestanden. «Da haben wir uns ernsthaft überlegt, ob das eine Zukunft hat», so Haas. Doch der feste Glaube an die Notwendigkeit des Hospizes, Überzeugung und viel Herzblut für die Sache obsiegten. «In einem Hospiz stehen der betroffene Mensch, seine Bedürfnisse und genauso diejenigen der Angehörigen im Zentrum», sagt Haas. «Da ist es immer oberstes Gebot, gemeinsam mit den Leuten herauszufinden, was sie brauchen, was sie erwarten, auf welchen Wegen sie Tod und Trauer bewältigen können.» Da gebe es weder eine Anleitung noch ein Vorgehen nach Schablone. «Es zählt einzig das, was den Menschen in dieser Situation guttut.»

«Es zählt nur, was dem Menschen guttut». Zuger Zeitung. 13.04.2024

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Die Modedesignerin Bitten Stetter forscht an der Zürcher Hochschule der Künste und entwickelt Objekte für kranke und sterbende Menschen. Wie zum Beispiel Schnabeltassen aus edlem Ton oder Handyhalter für das Spitalbett. Die SRF-Nachrichtensendung «10 vor 10» berichtete Ende April über die Projekte und das neue Geschäft im Zürcher Kreis 4. «Ich möchte Menschen dafür sensibilisieren, dass Fragilität zum Leben dazugehört und dass man diese Phasen gestalten kann – miteinander», sagt Bitten Stetter. Die letzte Lebensphase, das Sterben gestalten. Damit rüttelt die Designerin an einem Tabu und lockt Fachleute sowie Neugierige an. «Ich finde es gut, wenn man sich damit auseinandersetzt, bevor es einen überrumpelt», sagt die Designerin. So hat sie beispielsweise ein Nachthemd entwickelt hat, bei dem man Lust verspürt, es anzuziehen, und welches man auch auf verschiedene Arten anziehen kann. Shopping für die letzte Phase des Lebens - das soll selbstverständlich werden, findet Bitten Stetter. Produkte wie den Handyhalter entwickelte sie, nachdem sie als Angehörige selbst viel Zeit in einem Hospiz verbracht hatte. «Ich habe meine Mutter begleitet und kam dort als Designerin in die Situation, dass mir viele Sachen fehlten, dass ich einiges überhaupt nicht wusste und dass ich auch Krisen miterlebte, bei denen ich als Designerin dachte: Warum hat da noch keiner hingeschaut?»

Auf der Palliativstation des Spitals Uster werden Produkte von Stetter in den Alltag integriert. Pflegefachfrau Helen Stolz bietet hier statt Schnabeltassen aus Plastik auch die Tontassen an. «Im ersten Moment fragen die Leute meistens, wofür das denn sei. Es sieht nicht aus wie ein herkömmlicher Trinkbecher. Wenn man es ihnen erklärt, freuen sie sich oft, dass sie ein so spezielles Unikat benützen dürfen.» Ein weiteres Produkt ist ein Behälter, um Eisbonbons herzustellen - aus Wasser, Limonade oder Champagner. «Es kann sehr angenehm sein, wenn man mit einem Geschmack nochmals an etwas erinnert wird. Und dies in einer Phase, in der es einem nicht mehr so gut geht und in der man vielleicht nicht mehr gut schlucken kann", sagt die Fachfrau.

«Design fürs Lebensende». SRF (10 vor 10). 25.4.2024
palliative zh+sh / Bettina Weissenbrunner