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Palliative Café: "Was macht eine Psychoonkologin?"

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Die Folgen einer Krebsprognose gleicht einem Mobilé: "Wenn ein Element ins Wanken kommt, erschüttert das alle im Familienkreis."

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Palliative Café im 2024

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12. März 2024 / Wissen
Die Psychoonkologie befasst sich mit der psychiatrischen und psychotherapeutischen Begleitung von Krebserkrankten. Doch was heisst das? Im Palliative Café Schaffhausen gab es kürzlich Antworten auf diese Fragen. Weitere spannende Themen darf man auch dieses Jahr an den von palliative-schaffhausen organisierten Vorträgen erwarten.
Was bedeutet es für einen Menschen, dass er an Krebs erkrankt ist? Was heisst das für die Angehörigen? Die Psychoonkologin Natalie Büel-Drabe gab am Palliative Café in Schaffhausen einen Einblick in ihren Alltag. Sie ist Ärztin und Psychoonkologin mit eigener Praxis und arbeitet im Hospiz Schönbühl. «Ich vergleiche eine Krebsprognose mit einem Mobilé», sagt eingangs die Referentin. «Kommt ein Element, eine Person ins Wanken, dann erschüttert das alle im Familienkreis.» Doch wie erleben die Betroffenen diese Diagnose? Natalie Büel-Drabe spricht von einem «Tsunami», der meist völlig unvorbereitet auf einen trifft. Es gibt keinen Halt mehr, es zieht einem den Boden unter den Füssen weg. Und die Frage: Was kommt auf mich zu? «Bereits zu diesem Zeitpunkt kann die Onkopsychologin Unterstützung bieten, kann versuchen zu helfen, wenn der Betroffene und seine Familie verstehen wollen, was vor sich geht. Sie kann zuhören und einordnen. Techniken vermitteln, wie man mit der Diagnose umgehen kann. Psychologisch unterstützen und begleiten – und wenn nötig, Medikamente verordnen. Dies tut sie mit dem Patienten allein im Einzelsetting, gemeinsam mit dem Partner oder mit der ganzen Familie. «Die Belastung für die Partnerin, für den Partner ist oftmals gleich gross wie für den Patienten selbst», sagt die Psychoonkologin. So sieht sie die Betreuung des ganzen nahen Umfeldes als wichtige Arbeit an und erläutert dies anhand des konkreten Beispiels einer jungen Familie und dreifachen Mutter, die sie über längere Zeit betreut.

Ängste, Depressionen und Fatigue

Der Grossteil der Tumorpatienten ist psychisch stark belastet. Zu den häufigsten Belastungen gehören nebst Erschöpfung, Schmerzen und Schlafproblemen auch Angst, Traurigkeit und Sorgen bis hin zur Depression. Auch Chemotherapie und Strahlentherapie können starken Einfluss auf die Psyche haben. Ein weiteres, grosses Problem ist die Fatigue. Dabei handelt es sich um eine andauernde körperliche, emotionale und/oder kognitive Erschöpfung in Form von Schwäche und Müdigkeit, die mit Antriebslosigkeit und Energiemangel einhergeht. Das gewohnte Funktionsniveau ist beeinträchtigt und kann nicht durch ausreichend Schlaf und Erholungszeit verbessert werden. Hier kann die Psychoonkologin beratend zur Seite stehen, etwa mit kognitiver Verhaltenstherapie oder körperlicher Aktivierung. Auch Medikamente können in schweren Fällen eingesetzt werden.

«Mutigen sie sich dem anderen zu!»

In einer Studie wurden Paare, bei welchen der eine Teil Krebs hatte, gefragt, wie sich dies auf die Partnerschaft ausgewirkt habe. Die Mehrheit – sowohl der Erkrankten als auch der Partner – berichtete, dass sich die Beziehung verbessert habe. Dies, weil die Paare vermehrt miteinander kommunizieren, mehr Zeit zusammen verbringen und die gemeinsame Beziehung mehr wertschätzen als in den Zeiten davor. Obwohl die Einschnitte in die Beziehung gerade in der palliativen Phase hoch sind: Die Aufgabenverteilung innerhalb der Familie wird neu, Zukunftspläne müssen aufgegeben werden. Der betreuende Teil wird immer mehr zum Pflegenden. «Es ist wichtig, zusammen über Ängste zu reden, sich zu öffnen, sich nicht zu entkoppeln», sagt die erfahrende Ärztin. Fast die Hälfte aller Betroffenen sagt, dass sie ihre Sorgen vor dem Partner verbergen würden, um ihn nicht noch zusätzlich zu belasten. «Doch muten sie sich einander zu!» Auch wenn das Paar Kinder hat, was bei 25 Prozent der Erkrankten der Fall ist, ist Transparenz wichtig. «Kinder sind oft nicht über den nahen Tod des Elternteils informiert.» Was unter anderem die gravierende Folge hat, dass diese Kinder sich nicht von der Mutter oder dem Vater verabschieden können.

Weitere spannende Veranstaltungen geplant

Rund 30 Interessierte nahmen an diesem «Palliative Café» in Schaffhausen teil, hörten das Referat und nutzen die Gelegenheit, sich mit der Fachmedizinerin und den anderen Teilnehmenden auszutauschen. palliative-schaffhausen bietet dieses Format als einen Ort der Begegnung und des Austauschs an. Und ein Blick auf das weitere Jahresprogramm 2024 zeigt, dass noch einige spannende Abende bevorstehen. Im Mai etwa wird sich der Verein AsFam für pflegende Angehörige vorstellen, im Juni referiert Pflegeexpertin Fabienne Walder zum Thema «Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit – Perspektive der Angehörigen» und auch eine Lesung und ein Filmnachmittag werden stattfinden.


Das Palliative Café findet jeweils um 18 Uhr in der Zwinglikirche in Schaffhausen statt. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Das ganze Jahresprogramm finden Sie im Infokasten oben auf dieser Seite.
palliative zh1sh / Bettina Weissenbrunner