In Basel-Stadt soll die Palliative Care ausgebaut und gefördert werden. Das wollen vier politische Vorstösse, die demnächst von SP-Politikerinnen und -Politikern eingereicht werden, wie die «Basler Zeitung» berichtet. Mit einem Vorstoss fordert die Basler SP, dass an der Universität Basel ein Lehrstuhl für Palliativmedizin geschaffen werden soll. SP-Grossrätin Christine Keller schreibt: «Ohne einen eigenständigen Lehrstuhl ist es kaum möglich, den akademischen Nachwuchs für eine starke universitäre Palliative Care adäquat zu fördern.» Der zweite Vorstoss aus der SP-Fraktion betrifft die Zertifizierung von Alters- und Pflegeheimen mit dem Label «Qualität in Palliative Care in der Langzeitpflege». Derzeit habe nur das Pflegeheim Johanniter dieses Label. Dabei sei es wichtig für die Qualitätssicherung, die Schulung der Mitarbeitenden und die finanziellen Mittel, dass ein Heim zertifiziert sei. Der Zugang der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zur palliativen Versorgung in Basel-Stadt wird in einem dritten Vorstoss gefordert. Und ein viertes Anliegen ist, dass die Finanzierungslücke beim Einsatz von spezialisierter Palliative-Care-Spitex in Alters- und Pflegeheimen geschlossen wird.
«Vier politische Vorstösse eingereicht». Basler Zeitung. 9.2.2024
«Altersmedizin und Palliative Care künftig noch weiter stärken»
Das Spital Affoltern ist für die Zukunft gewappnet. Mit einer neuen Angebotsstruktur hat man sich auf die medizinischen Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft ausgerichtet und sich in denjenigen Fachbereichen spezialisiert, in denen künftig der Bedarf an einer hochqualifizierten wohnortnahen Medizin bestehen wird. In den Bereichen Altersmedizin, Palliative Care, Psychiatrie sowie Psychotherapie bietet das Spital überregional anerkannte Kompetenzzentren an, wie das «Tagblatt der Stadt Zürich» berichtet. Aufgrund der steigenden Nachfrage will das Spital Affoltern die Altersmedizin und Palliative Care sowie die Psychiatrie künftig noch weiter stärken, so zum Beispiel die akutgeriatrische Delir- und Demenzabteilung oder Delir Unit. Dies ist ein Angebot, das es sonst so im Spitalbereich im Kanton Zürich nicht gibt. Wichtige psychiatrische Angebote bestehen auch mit der Mutter-Kind-Abteilung – einem schweizweit einzigartigen Angebot für Mütter mit Kindern im Alter von bis zu 36 Monaten – und seit Anfang Jahr mit der Alterspsychiatrie. Hier werden psychisch erkrankte ältere Menschen stationär behandelt. Schwerpunkt ist die Diagnostik, Therapie und Prävention von psychischen Erkrankungen wie Demenz oder Depressionen.
«Das Spital Affoltern ist für die Zukunft gewappnet». Tagblatt der Stadt Zürich. 7.2.2024
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Die Betreuung von gebrechlichen Rentnern zu Hause ist ein Riesengeschäft. Wie eine private Spitex-Firma gutgläubige Senioren ausnimmt, zeigt eine Reportage der NZZ. Nina Müller (Name geändert) hat eine kranke Mutter im Kanton Bern und braucht für die 73-Jährige dringend Unterstützung. Also wendet sie sich an eine private Spitex-Firma aus dem Kanton Zürich. Diese soll für vier Wochen rund 14'000 Franken kosten. Doch die Geschäftsführerin der Spitex-Firma beruhigt. Die Krankenkasse werde die Pflegekosten übernehmen, sie brauche also keine Angst zu haben, dass der zusätzliche Pflegeaufwand teurer würde als die obligatorische Patientenbeteiligung. 1500 Franken pro Monat würden sie bezahlen müssen.
Doch Nina Müller weiss zu diesem Zeitpunkt nicht, dass die Krankenkasse keinen Rappen zahlen wird. In ihrer Grundversicherung ist nur die Grundpflege abgedeckt, ihre 73-jährige Mutter benötigt jedoch Dienstleistungen der Betreuung und Haushaltshilfe. Dazu gehört unter anderem die Unterstützung bei der Körperhygiene, beim Einkaufen und Putzen. Solche Dienstleistungen müssen Patientinnen und Patienten selbst bezahlen. Doch diese Tatsache erwähnt die Geschäftsführerin mit keinem Wort. Nachdem weitere falsche Versprechen gemacht wurden, merkt Nina Müller, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Sie kündet den Vertrag, die Mutter stirbt kurze Zeit später. Dann liegt eine Rechnung im Briefkasten, die schockiert: Für die sechs Wochen Betreuung verlangt das Zürcher Unternehmen rund 24'000 Franken. Auf Anfrage der «NZZ» weist die Zürcher Firma jegliche Schuld von sich. Es liege in der Eigenverantwortung der Betroffenen, die ausserkantonalen Spitex-Leistungen durch die Krankenkasse abzuklären.
«Die Krankenkasse zahlt das dann schon». NZZ. 12.2.2024
«Wir konnten kostenintensive Hospitalisierungen vermeiden»
Gut begleitet leben, gut betreut sterben. Wie das gelingen kann, zeigt eine Reportage der «Südostschweiz» über das Tenna Hospiz im abgeschiedenen Safiental. Die Alte Sennerei ist ein Sozialprojekt mit Modellcharakter. 2021 eröffnet, will das Hospiz ein alternatives Betreuungs- und Pflegeangebot im Berggebiet sein, das den Staat nicht zusätzlich finanziell belastet, wie Othmar F. Arnold es formuliert, Initiant und Koordinator der ungewöhnlichen Wohngemeinschaft. Wo einst die Milch der Tenner Landwirte verarbeitet wurde, steht heute ein Neubau mit sechs Wohneinheiten für Menschen im letzten Lebensabschnitt, zwei Pflegezimmern für Sterbebegleitung oder Entlastungsaufenthalte, einem Raum für Angehörige und einem Café, dem Angelpunkt zwischen der Welt draussen und der Welt drinnen. Der ausgebildete Pfleger Othmar ist die Seele des Projekts, die Konstante im Hospiz. Wacht jemand nachts mit einer Angstattacke auf, ist er derjenige, der sich hinsetzt, einen Apfel aufschneidet, einen Tee kocht, redet, bis sich die Lage beruhigt. Ohne chemische Medikamentenkeule, ohne notfallmässige Abklärung in der psychiatrischen Klinik. «Letztes Jahr», meint Othmar – man ist im Haus per du –, «konnten wir sechs kostenintensive Hospitalisierungen vermeiden. Das ist wohl der grösste wirtschaftliche Effekt unseres Pflegemodells.» Menschen im letzten Lebensabschnitt im Safiental einen hindernisfreien Ort bieten, an dem sie in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können, wenn es daheim nicht mehr geht: Das ist das Ziel des Projekts. Und die 24-Stunden-Betreuung reicht bis zur ausserklinischen Intensivpflege, zur Palliativpflege und zur Sterbebegleitung, wenn es so weit ist.
«Der Abschied kann noch warten». Südostschweiz. 10.2.2022
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Das neu gegründete Palliative-Care-Netzwerk Seetal will Ärzte, Behörden, Bestattungsunternehmen, Seelsorgende und Freiwillige untereinander vernetzen, um nichtmedizinische-pflegerische Leistungen rund um Sterbende zu koordinieren. Denn «palliative Versorgung braucht Vernetzung – ohne Vernetzung keine Versorgung», sagt Elisabeth Portmann, Co-Leiterin des Netzwerks Seetal. «In den Pflegeheimen gehört die Palliativversorgung zum Alltag», sagt Priska Baumeler, Leitung Pflege und Betreuung, Chrüzmatt Hitzkirch: «Die Sensibilisierung der Bevölkerung und die Nutzung von Synergien mit anderen Pflegeheimen und anderen Anbietern von palliativer Versorgung im Seetal sehe ich als grossen Gewinn für die sterbenden Menschen und ihre Angehörigen.» Initianten des Netzwerks sind der Verein Palliativ Luzern und die Spitex Hochdorf und Umgebung. Den Aufbau des Netzwerks übernahm eine breit abgestützte Projektgruppe mit Fachpersonen aus allen relevanten Bereichen. Geleitet wird das Netzwerk von Elisabeth Portmann und Gertrud Krummenacher, die in der Spitex Hochdorf und Umgebung den Fachbereich Palliative Care leitet. Das Netzwerk soll die Leistungen der «Spitex Palliativ Plus» ergänzen.
«Versorgung im Seetal vernetzen». Seetaler Bote. 29.2.2024
«Wir hatten damals kaum Zeit, um uns um die Sterbenden zu kümmern»
Wenn Menschen sterben und Unterstützung benötigen, ist Anita Egger zur Stelle. Auch mitten in der Nacht. Die pensionierte Pflegefachfrau engagiert sich als Freiwillige beim Hospiz-Dienst in St. Gallen. Im Gespräch mit «20 Minuten» erzählt sie von ihrer Arbeit und schaut zurück. «Wir hatten damals kaum Zeit, um uns um die Sterbenden zu kümmern», sagt Anita Egger. «In den letzten Jahren meines Berufslebens ist immer mehr Zeit für die Administration draufgegangen.» Berichte schreiben, Leistungen für die Abrechnung eintragen. «Immer weniger konnten wir uns ganz konkret um die Patienten kümmern.» Gleichzeitig gab es auch zu wenig Personal. Es war kaum noch möglich, präsent zu sein, wenn Menschen am Ende ihres Lebens intensive Unterstützung brauchten. Diese Erfahrungen motivierten Egger, weiterhin in der Palliative Care zu arbeiten. Im Hospiz-Dienst unterstützt sie Menschen, die kurz vor dem Tod stehen und deren Angehörige. «Es ist wichtig, dass jemand da ist, dass jemand die Hand hält, wenn die Lebenskraft nachlässt und der Tod naht», sagt Egger. Selbstverständlich sei es immer traurig, wenn jemand sterbe. «Aber wenn ein junger Mensch gehen muss, der noch am Anfang des Lebens steht, noch so lebensfroh ist, nicht loslassen kann, ist das besonders tragisch.» Trotzdem hat die pensionierte Pflegefachfrau selbst ein gutes Verhältnis zum Leben und zum Tod. «Der Tod gehört zum Leben dazu.» Selbst hat sie keine Angst. «Und was nach dem Tod passiert, da hat jeder seine eigene Antwort.»
«Den Tod des 18-Jährigen kann Anita Egger nicht vergessen». 20 minuten. 27.2.2024
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Geburt und Tod haben mehr gemeinsam als man denkt. Dies sagen Hebamme Marianne Schuppli und Palliativmedizinerin Sandra Eckstein im Interview mit der «Schweizer Familie». Die beiden Frauen stehen je an einem Tor des Lebens – das ein führt hinein, das andere hinaus. Beide stehen dem Menschen mit seinen Gefühlen und Ängsten bei. Die zwei Frauen berichten im Gespräch immer wieder von den Gemeinsamkeiten, welche Lebensanfang und Lebensende hätten. «Im Augenblick von Tod und Geburt sind wir besonders offen mit unseren Sinnen», sagt Sandra Eckstein. «Wir nehmen wahr, was wir sonst übersehen.» Etwa ein sanfter Luftstrom, der beim letzten Atemzug die Haut des Toten berührt, oder einen Sonnenstrahl auf dem Gesicht des Babys im Augenblick der Geburt. Die beiden sind mit ihren Berufen dem Leben ganz nah. Was hat ihre Arbeit sie gelehrt? «Ich arbeite viel, und mein Privatleben ist schwer planbar», sagt Marianne Schuppli. Doch ihr Beruf erfüllt sie. «Zu erleben, wie ein neues Leben beginnt, beflügelt mich und gibt mir das Gefühl, ich würde schweben.» Und Sandra Eckstein meint: «Ich sehe täglich, wie Menschen Wege finden, mit schwierigen Umständen umzugehen. Das hat auch für mich oft etwas Tröstliches. Stehen privat schwierige Situationen an, habe ich Vertrauen ins Leben und darauf, dass sich die Dinge am Ende zum Guten wenden.»
«Wir stehen beide an einem Tor des Lebens». Schweizer Familie. 22.2.2024
«Oft entstehe das Gefühl, alles alleine machen zu müssen»
Erkranken nahestehende Menschen an Krebs, so leidet das Umfeld mit. Sandra Sieber, Psychoonkologin des Spitalzentrums Visp, sagt: «Aussagen wie ‹das kommt schon gut› oder ‹denk doch positiv›, sind heikel.» Sieber warnt in einem Interview mit dem Walliser Onlineportal «pomoda» vor den eigenen Grenzen. Unsicherheit und Hilflosigkeit seien allgegenwärtig. «Nahestehende sagen manchmal, es wäre einfacher, wenn sie selbst betroffen wären und nicht die Partnerin oder der Partner.» Wie kommt es dazu? «Angehörige sind meistens gesund und möchten nicht tatenlos zusehen, sondern unterstützen.» Die Belastung sei aber immens. Oft entstehe das Gefühl, alles alleine machen zu müssen. Und es werde alles unternommen, um der kranken Person zu helfen. «Die Partner befinden sich aber in einer Doppelrolle. Sie sind Mitbetroffene und die wichtigsten Unterstützungspersonen zugleich», sagt Sandra Sieber. «Dadurch sind sie gefährdet, sich zu überfordern.» Sich Auszeiten nehmen, Hobbys weiterführen, Ablenkung schaffen ist wichtig. Doch Tipps und Ratschläge seien schwierig und muteten an, als ob es ein Rezeptbuch geben würde.
«Die unsichtbare Last». pomona.ch. 8.2.2024
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Zum Schluss noch einen Blick ins Ausland: In einem US-Spital läuft ein heikler Test, wie das Onlinemagazin Medinside berichtet. Ein Künstliche-Intelligenz-Programm eruiert Patientinnen und Patienten für Palliative Care. Der Test läuft seit vergangenem Jahr – und erste Ergebnisse wurden Ende Januar beim Online-Kongress «Value Based Summit» vorgestellt sowie vom Fachmagazin «Fierce Healthcare» dargelegt. Die Idee: Ein KI-System könnte nicht nur – wie in anderen Fällen gezeigt – präziser sein in der Entdeckung von Tumoren oder der Beantwortung von Patientenfragen. Sondern es ist womöglich auch besser in der Lage, Patienten zu erkennen, bei denen eine Palliativbetreuung angezeigt ist. Oder zu erkennen, wann man einen Menschen idealerweise in ein Hospiz überweist. Folge: Es lässt sich viel Geld sparen.
Was surreal klingen mag, wurde konkret in einem Akutspital bei Boston getestet. Nach Beginn des Tests wurden 9 Prozent der Medicare-Patienten vom System zur Prüfung empfohlen; dies wiederum führte dazu, dass im Verlauf von sechs Monaten 40 Patienten auf der Station eine Palliativ-Konsultation erhielten. 17 dieser Menschen wären ohne die Beobachtung durch das Smart Hospice-System nicht als Palliativ-Patienten erkannt respektive definiert worden. Die Rechnung, die das Spital nun vorlegt: 13 Patienten wechselten ins Hospiz, anstatt im Spital zu verbleiben; dadurch sparte das System 850’000 Dollar an Gesundheitsausgaben ein – wobei auch die Lebensqualität der Patienten stieg. Oder anders formuliert: Das KI-System kann unter Umständen helfen, von der Intensivbetreuung am Lebensende abzukommen und zurückhaltendere palliative Wege zu finden.
«Wenn die KI sagt, dass es Zeit ist fürs Hospiz». Medinside. 6.2.2024