13 Thurgauer Gemeinden haben das Palliative Forum Mittelthurgau gegründet. Dieses ist kein Verein und hat somit auch keine eingeschriebenen Mitglieder. Finanziert wird das Projekt mehrheitlich durch Spenden sowie Sponsoring. Zudem hat der Kanton Thurgau eine Anschubfinanzierung bewilligt. Das Palliative Forum möchte ein gemeinsames Verständnis von Palliative Care entwickeln, ein berufsübergreifendes Netzwerk von professionellen und freiwilligen Playern knüpfen, eine koordinierte Versorgung vor Ort sicherstellen sowie die Bevölkerung über Palliative Care informieren. «Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Menschen auf das Netzwerk aufmerksam zu machen, welches im Falle einer palliativen Situation zum Tragen kommt», erklärt Forumsleiterin Mathilda Halter. Dies mit dem Ziel, eine palliative Rundumversorgung zu sichern und so die Lebensqualität der Betroffenen auf das höchstmögliche Niveau zu heben. Die Geburtsstunde des Palliative Forums Mittelthurgau schlug im Oktober 2022 anlässlich einer Kick-off-Veranstaltung im Alterszentrum Weinfelden. Dort hatten sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Organisationen aus den Bereichen Pflege und Gesundheit sowie der Kirchgemeinden eingefunden, um über die Notwendigkeit eines derartigen Forums zu diskutieren. Nachdem eine Konsultativabstimmung ein klares Ja ergeben hatte, wurden im Anschluss an diverse Impulsreferate die gemeinsamen Ziele definiert. Schliesslich fanden 13 Thurgauer Gemeinden zusammen.
«Schwerkranke Menschen müssen in die Nachbarkantone»
Die Regierung des Kantons Uri will die Palliative Care im Kantonsspital nicht ausbauen. Der Kanton sei dafür zu klein und der Betrieb einer selbstständigen Palliativstation gehöre nicht zum Leistungsauftrag des Spitals, so die Regierung in der Antwort auf einen entsprechenden Vorstoss. Zertifizierte Palliativstationen - wie jene des Spitals Schwyz oder des Luzerner Kantonsspitals - müssten über mindestens acht Betten verfügen oder über 100 Eintritte pro Jahr vorweisen. Doch pro Jahr nähmen bloss bis zu 20 Urner die Palliativstation des Spitals Schwyz in Anspruch.
Die Vorstösser kritisierten, dass die Pflegeinstitutionen im Kanton überfüllt seien. Folglich müssten schwerkranke Menschen in Nachbarkantonen untergebracht werden. Auch würden Betroffene vom Spital zum Sterben nach Hause geschickt. Dem hält die Regierung entgegen. Menschen in einer palliativen Situation würden auf der regulären Bettenstation gepflegt. Ein massgebendes Kriterium dafür sei die Spitalbedürftigkeit. Wer nicht mehr spitalbedürftig sei, müsse nachgelagerte Dienste wie Spitex oder Pflegeinstitutionen beanspruchen. In ihrer Antwort betonte die Regierung jedoch, dass die Palliative Care stetig weiterentwickelt werden müsse, um neuen und veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Verschiedene Massnahmen dazu liefen bereits. So zum Beispiel der «Aktionsplan Palliative Care Uri». Dieser sehe unter anderem ein Angebot mit Hospiz-Charakter in ein bis zwei Pflegeheimen vor.
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Der Schweizer Molekularkoch Rolf Caviezel (siehe unseren Artikel www.pallnetz.ch/p129004268.html) bekommt für sein Kochbuch «Die feine Art zu essen – trotz Schluckbeschwerden» eine Goldmedaille der Frankfurter Buchmesse (18. bis 22. Oktober). Jeweils zur Buchmesse werden die literarischen Wettbewerbe der gastronomischen Akademien Deutschland durchgeführt. In der Kategorie Fachbuch/Lehrbuch geht die goldene Auszeichnung an Rolf Caviezel. Der Spitzenkoch befasst sich schon seit 20 Jahren mit der molekularen Küche und gehört mit seiner Firma und dem Foodlab in Grenchen zu den Pionieren in der Schweiz. Der St. Galler hat inzwischen 15 Kochbücher verfasst, von denen einige schon ausgezeichnet wurden.
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«Nachtspitex soll auch Palliativpatienten Unterstützung bieten»
Uznach nimmt am Pilotprojekt einer Nachtspitex während der Jahre 2024 - 2026 teil. Die Leistungen werden von der Spitex Linth sowie der Spitex RaJoVita erbracht. Über die Nachtspitex sollen die Klienten von 22 Uhr bis 7 Uhr Pflegeleistungen beziehen können. Sie darf auch bei Notfällen aufgeboten werden und telefonisch beraten, wenn es in der Nacht zu unvorhergesehenen Problemen kommt. Die Nachtspitex soll mithelfen, unnötige Heimeintritte zu verhindern und die Pflegekosten für die öffentliche Hand längerfristig zu senken. Weiter soll für Menschen in palliativen Situationen die Möglichkeit geschaffen werden, zuhause die letzte Lebensphase zu verbringen und dort sterben zu können.
In der dreijährigen Pilotphase soll die Nachtspitex für die gesamte Region auf- und ausgebaut werden. Bis Ende April 2026 sollen die regionalen Gemeinden und die Stadt Rapperswil-Jona die notwendigen Entscheidungsgrundlagen vorliegen haben, um bis spätestens Ende Juli 2026 über die Fortführung des dreijährigen Angebots entscheiden zu können. Um den Pilotbetrieb mitzufinanzieren, bezahlt Uznach einen Betrag von fünf Franken pro Einwohner und Jahr.
«Wir brauchen neue Wege, dem Tod zu begegnen»
«Die Street Parade feiert Lebenslust unter dem Motto «I Wish», Quartierfeste werben fürs gemütliche Zusammenkommen und das «Hallo, Tod!»-Festival sagt in seinem Claim: «Du wirst sterben». Inmitten der sommerlichen Leichtigkeit soll plötzlich die eigene Endlichkeit zum Stadtgespräch werden», schreibt der «Tages-Anzeiger» in einer Vorschau zum Festival «Hallo Tod!», welches Ende August in Zürich stattfand (siehe auch unseren Artikel Hallo Tod! Das interdisziplinäre Kulturfestival ist eröffnet - palliative zh+sh (pallnetz.ch) ). «Wir brauchen neue Wege, dem Tod zu begegnen», sagt Gabriela Meissner, Mitglied des Festivalteams. Das Sterben sei verbannt worden in Spitäler und Pflegeheime und sei deshalb kaum mehr sichtbar in der Gesellschaft. Die unterschiedlichen Projekte und Installationen sollten Besucherinnen und Besucher dazu anregen, über das Ableben zu sprechen und nachzudenken. Die Orte sind so gewählt worden, dass sie mitten in der Stadt sind, weil der Tod auch in die Mitte der Gesellschaft gehöre. Mit künstlerischen Beiträgen wie Audio- oder Videoinstallationen, Referaten, Konzerten, Gesprächen, Ausstellungen und Theatern brachte der Verein das Thema unter die Leute.
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Die Kantone haben die Hausaufgaben gemacht, aber es fehlt an der Finanzierung. Dies ist das Fazit, wenn man den Gastbeitrag von Renate Gurtner, Geschäftsführerin von palliative ch in «Medinside» liest. Drei Bundesräte haben sich für die Nationale Strategie Palliative Care engagiert: Pascal Couchepin, Didier Burkhalter, Alain Berset. Der eine hat sie lanciert (Couchepin, 2008), der andere hat sie gefördert (Burkhalter, 2012) und der dritte hat sie finalisiert (Berset, 2015). In der Folge hätten die meisten Kantone Strukturen aufgebaut, so dass heute für unheilbar kranke Menschen schweizweit in 35 Spitälern auf spezialisierten Palliativstationen 374 Betten zur Verfügung stehen, schreibt Renate Gurtner. Mobile Palliative-Care-Dienste seien etabliert worden, die Expertise in Palliative Care sowohl in der Spitex als auch in Pflegeheimen hochgefahren. «Palliative Care ist ein innovatives Versorgungsmodell, das die Herausforderungen der aktuellen Gesundheitspolitik – unsere immer älter werdende Gesellschaft sowie das Bedürfnis vieler Menschen nach Selbstbestimmung oder die Notwendigkeit einer integrierten Versorgung – aufnimmt, umsetzt und, was eigentlich noch viel wichtiger ist, bereits erprobt und erforscht hat.» Einem qualitativ hochstehenden, schweizweiten Ausbau der Palliativversorgung stehe eigentlich nichts mehr im Wege – ausser der mangelnden Finanzierung. Doch da bleibt die Geschäftsführerin von palliative ch zuversichtlich: «Dank der Motion 20.4264 «für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care» von alt Ständerätin und vormaligen Präsidentin von palliative ch, Marina Carobbio, blicken wir vertrauensvoll auf die nächsten fünfzehn Jahre und die kommenden drei Bundesräte.»
«Eine Diagnose haben die Eltern nie bekommen»
Hospize für Kinder mit lebensverkürzenden Krankheiten sind gesetzlich nicht vorgesehen. Wie wichtig sie aber wären, zeigt eine eindrückliche Reportage des «Beobachters». Der dreijährige Loic leidet an einem komplexen Fehlbildungssyndrom. Schon beim ersten Ultraschall in der Schwangerschaft war klar, dass etwas nicht stimmte. Genauere Untersuchungen zeigten dann Unterentwicklung, Herzfehler, Darmverschluss, Klumpfüsschen. Trotz all dieser Auffälligkeiten: Loic kämpfte sich ins Leben. Mittlerweile ist Loic dreieinhalb und leidet an einem komplexen Fehlbildungssyndrom. Eine exakte Diagnose haben die Eltern nie bekommen. Loic ist vollständig auf Hilfe angewiesen, kann nicht selber sitzen, sich nicht selber drehen oder sprechen. So kann er sich auch nicht selbst beschäftigen und allein spielen.
Über 5000 Kinder in der Schweiz leben mit einer lebensverkürzenden Krankheit. Sie brauchen Hilfe. Und sie brauchen Palliative Care. «Es ist extrem schwierig, den Menschen klarzumachen, dass Palliative Care für Erwachsene nicht automatisch die Kinder abdeckt», erklärt Kinderärztin Eva Bergsträsser. Sie hat vor 20 Jahren damit begonnen, die Palliative Care am Universitäts-Kinderspital Zürich aufzubauen. Gemeinsam mit ihrem Team versucht sie, die Lebensqualität jener Kinder zu verbessern, bei denen eine Heilung immer unwahrscheinlicher wird. Palliative Care wird an das Alter und die Entwicklungsstufe des Kindes angepasst, an die Krankheit und deren Verlauf. Doch in der Schweiz gibt es noch immer kein Kinderhospiz, das Eltern wie jene von Loic entlasten könnte. Dies soll sich allmählich ändern: Ab dem kommenden Winter bietet das Kinderhospiz Allani in Bern kranken Kindern und ihren Familien tage- oder wochenweise ein Zuhause auf Zeit.
«Das Leid der verwaisten Grosseltern wird oft vergessen»
«Das kurze Leben von Yuri: Palliative Care bei Neugeborenen». Diese Reportage der Sendung «input» von Radio SRF berührte im Februar zahlreiche Hörerinnen und Hörer in der Schweiz (siehe auch Medienschau vom Febuar 2023 Medienschau Februar 2023 - palliative zh+sh (pallnetz.ch)). Rebecca und Daniel erfahren im achten Monat der Schwangerschaft, dass ihr Kind schwer krank ist. Abtreiben? Gebären und mit Operationen am Leben erhalten? Beides stimmt für sie nicht. Durch Zufall erfahren sie von einem dritten, ihnen bis dahin unbekannten Weg: Die palliative Begleitung von Neugeborenen. Im August nun sendete Radio SRF einen zweiten Teil dieser Geschichte und betrachtete dieses Schicksal aus einer neuen Perspektive. Denn wenn ein Kind schwer krank wird, wenn ein Kind stirbt, dann schüttelt das ein ganzes System durcheinander. Nicht nur die Eltern und Geschwister gehören dazu, sondern auch die Grosseltern. Sie werden meist vergessen – dabei erleiden sie einen doppelten Schmerz: jenen des verstorbene Grosskindes und das Schicksal des eigenen Kindes, das von diesem Tod so schwer betroffen ist.
Nun erzählt Grossmutter Olivia die Geschichte von Yuri noch einmal - aus ihrer Perspektive und rückt damit das vergessene Leid der verwaisten Grosseltern ins Licht. Olivia ist froh, dass sie sich regelmässig mit einer Psychologin des Kinderspitals Zürich austauschen kann. Jener Psychologin, die die Familie und Yuri schon vor einem Jahr betreut hat. Sie braucht Antworten dazu, was passiert beim Trauern, was normal ist, was nicht. Sie erkennt rückblickend, dass sie in der Zeit, als sie von Tochter und Schwiegersohn so sehr gebraucht wurde, ihre eigenen Bedürfnisse völlig in den Hintergrund geschoben hat. «Ich hatte aufgehört, meine Leute zu treffen, hab das Fitness-Abo nicht mehr verlängert und den Garten vernachlässigt. Ich wollte nur noch bedingungslos für Daniel und Rebekka da sein.» Dies hat Auswirkungen: Als Yuri stirbt, hat Olivia keine Beschäftigung mehr und fällt in ein Loch. «Ich hatte mein Leben verloren». Wie ihr Bekanntenkreis auf ihre tiefe Trauer reagierte, wie sie sich heute mit anderen Grosseltern austauscht und wie sie sich wieder aufrappelt, erzählt Yuris Oma in dieser informativen und berührenden Reportage.
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Auf Agenturfotos wird zu schön gestorben. Dies jedenfalls schreiben Forschende des Schweizerischen Nationalfonds zu einer aktuellen Studie. Sie haben 600 Fotos von Gettyimages, Shutterstock, Adobe Stock und iStock analysiert. Die Bilder würden den Tod nicht realitätsgetreu abbilden, kritisieren sie. «Den Betrachtenden soll wohl vermittelt werden, dass das Lebensende nichts Schlimmes ist», sagt Gaudenz Metzger von der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Seine Studie war Teil des SNF-Forschungsprojekts «Sterbesettings». Die Fotos erschienen bei den verschiedenen Bildagenturen unter dem Stichwort «Palliativpflege». Diese Bilder werden von Altersheimen und Hospizen sowie in Zeitungen und Online-Magazinen verwendet. Die typischen Pflegekräfte werden darin als emphatische Personen dargestellt, während die Patientinnen und Patienten als ruhige Menschen erscheinen, die dem Tod ohne jegliche Angst begegnen, wie es in der Studie heisst. Den Gepflegten ist nicht anzusehen, dass sie schwer krank sind und womöglich auch leiden. Auch die für die Versorgung benötigten medizinische Apparaturen und Pflegematerialien fehlen in den abgebildeten Zimmern.
Zudem stellen die Stock-Fotos laut der Studie die Beteiligten stereotyp dar. Die Pflegenden seien meist jung, attraktiv und weiblich. Die kranken Menschen alt, weiss und gut gekleidet. Eine junge Pflegerin reicht einem weisshaarigen Mann ein Glas Wasser, die Patientin und deren Angehörige strahlen in die Kamera. Häufig sind auch die Darstellungen von Händehalten oder Umarmungen durch das Pflegepersonal. «Die einseitige Darstellung weckt gewisse Vorstellungen, die in der realen Welt kaum erfüllt werden können», so Metzger. Dies könne zu Konflikten bei der palliativen Versorgung führen, etwa wenn das Zimmer im Hospiz nicht ganz so hübsch sei oder die Pflegefachperson nicht stundenlang am Bett sitzen könne.
«Für mich kommt viel von den Menschen zurück»
Auf dem Rathausplatz in Glarus stand Mitte August der schwarze Kubus des Projektes «Bevor ich sterbe …». Dies im Rahmen der Palliative-Care-Woche Glarnerland. In einem Interview mit der «Südostschweiz» gab Andrea Schneider, Pflegeexpertin für Palliative Care, einen Einblick in das Thema und in ihre Arbeit am Kantonsspital. «Auf der Palliative-Abteilung im Akutspital – wir haben drei Betten – gehören Tod und Sterben natürlich zum Alltag, auch wenn nicht jeden Tag jemand stirbt», sagt Andrea Schneider. Die Patientinnen und Patienten seien in der Regel zwischen einer und drei Wochen hier. Es gehe darum, die Situation anzuschauen, Leiden zu lindern und allenfalls eine Anschlusslösung zu finden. «Wobei das interdisziplinäre Team vom Arzt über die Pflege, zu Ernährungsberatung, Physiotherapie, Musiktherapie und Seelsorger zusammenarbeitet». Auf die Frage des Journalisten, was sie motiviere für ihre anspruchsvolle Arbeit und woher sie die Kraft nehme, meint die Pflegeexpertin: «Der Pflege gehört mein Herzblut. Ich wollte schon als Kind Pflegefachfrau werden.» Nach einigen Jahren im Beruf habe sie gemerkt, dass sie bei der Begleitung von Sterbenden noch mehr machen wolle und mehr Wissen brauche, weshalb sie verschiedene Zusatzausbildungen gemacht habe. «Indem wir das Leiden lindern und da sind, können wir auch dann noch ganz viel machen, wenn es keine Heilung mehr gibt. Für mich als Pflegende kommt auch sehr viel von den Menschen zurück.»