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Medienschau April 2025

Die neue Tarifstruktur Tardoc soll ab 2026 die ambulante Palliative Care stärken, die Zürcher Gesundheitsdirektion kritisiert die Stiftung des Flamingo Kinderhospizes und das Hospiz Oberwallis HOPE blickt auf sein erstes Betriebsjahr zurück. Diese und weitere Themen in unserer Medienschau vom Monat April.

Der Bundesrat hat Ende April die neue Tarifstruktur Tardoc und die neuen ambulanten Pauschalen genehmigt und per 1. Januar 2026 in Kraft gesetzt. Generell ermögliche Tardoc eine genauere Abrechnung der Konsultationsdauer als Tarmed und trage den Besonderheiten und Bedürfnissen der Hausarztmedizin besser Rechnung, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung. Die Pauschalen vereinfachten die Rechnungsstellung und begrenzten die Anreize zur Erhöhung der abgerechneten Leistungsmengen. Das Tarifsystem sei gegenüber der Version vom Juni 2024 klar verbessert worden, sagte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider vor den Medien. Sie mahnte aber auch: «Das neue System ist nicht perfekt.» Es werde auch Verliererinnen und Verlierer durch die Neuerung geben. Die Genehmigung des neuen Tarifmodells ist deshalb auf drei Jahre befristet. Bis dann sollen laut dem Bundesrat die nach der Einführung des neuen Systems noch notwendigen Anpassungen vorgenommen werden. Das neue Modell solle sich «stetig weiterentwickeln».

Von einer «zentralen Weichenstellung für die ambulante Versorgung am Lebensende» spricht palliative.ch. Die Einführung des neuen Arzttarifs Tardoc sei mehr als nur ein technischer Schritt – sie sei eine Chance, die ambulante Palliative Care in der Schweiz nachhaltig zu stärken. «Leistungen wie Koordination, Hausbesuche, interprofessionelle Zusammenarbeit und psychosoziale Begleitung müssen endlich adäquat abgebildet und vergütet werden», schreibt palliative.ch. Der Fachverband fordert seit langem eine würdige Betreuung am Lebensende und eine faire Finanzierung. «Der Tardoc kann Versorgungslücken schliessen und die Qualität der ambulanten Palliative Care sichern – wenn er die realen Anforderungen dieser besonderen Versorgungssituation abbildet.»

«Bundesrat genehmigt neues Tarifsystem». 10vor10 – SRF. 30.4.2025


Ab Ende Jahr soll das Flamingo Kinderhospiz in Fällanden todkranke Kinder betreuen und deren Eltern entlasten. Das «Regionaljournal» von SRF berichtete nun, dass sich die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli im Kantonsparlament überraschend kritisch und scharf geäussert habe zum Hospiz, und zwar wegen der Finanzierung. 18 Mio. Franken kostet das Projekt. Der Kanton Zürich hat einen Drittel dieser Kosten übernommen. Der grössere Brocken dürfte aber die Kosten sein, welche für den täglichen Betrieb des Hospizes mit seinen 8 Betten anfallen wird. Denn dieser soll rund 20 000 Franken pro Tag kosten, also etwa 7,3 Mio. Franken pro Jahr, wie das «Regionaljournal» berichtet. Im Kantonsrat sagte Natalie Rickli, dass das Angebot so finanziert werden müsse, dass für die Familien keine untragbaren finanziellen Zusatzbelastungen entstünden. Zurzeit sei sie mit der Ausgangslage für die Finanzierung nicht zufrieden, und die Betreiber vom Flamingo Kinderhospiz seien etwas zu zuversichtlich gewesen. Ursprünglich versicherte man dem Kanton, dass sich das Hospiz über die bestehenden Kostenträger und Spenden selbst finanzieren werden. Fakt sei aber – so das «Regionaljournal» –, dass die Finanzierung der Pflegeversorgung nicht annähernd kostendeckend sei, und die erhaltenen Spenden nicht ausreichend würden, um die Kosten zu decken. Die Stiftung zeige zu wenig Engagement bei der Finanzierung, sagte Rickli.

Diese Aussage können man so nicht hinnehmen, sagte Stiftungssprecherin Nicolas Presti. «Die Arbeit liegt natürlich in erster Linie bei uns. Uns ist klar, dass gerade der Anfang unbedingt spendenfinanziert sein soll, und wir arbeiten auf Hochtouren an unserem Fund Raising.» Die Stiftung habe einen grossen Stamm von Spenderinnen und Spendern, um die Betriebskosten finanzieren zu können. Man rechne momentan mit etwa 5 Mio. Franken Spenden für den Betrieb pro Jahr. Die Restfinanzierung soll von der IV und den Krankenkassen übernommen werden. Gespräche, die aktuell laufen, seien auf gutem Weg, so Nicola Presti. Und die Zusammenarbeit mit dem Kanton sei trotz der Kritik der Gesundheitsdirektorin konstruktiv. Darum sei auch der Start vom Flamingo Hospiz in Fällanden nicht gefährdet.

SRF. Regionaljournal. 7.4.2025


Vor einem Jahr wurde das Hospiz Oberwallis HOPE eröffnet. Am 15. April 2024 trat die erste Person ins Hospiz ein – inzwischen sind es etwa 20 Personen gewesen. Caroline Walker Miano ist Geschäftsleiterin des Hospizes. Sie sagt dem «Walliser Bote», dass das vergangene Jahr ein Jahr voller Emotionen gewesen sei, «ein Jahr, das uns alle sehr demütig gemacht hat. Und ein Jahr, in dem wir sehr viel Vertrauen erfahren haben.» Es sei aber auch ein Jahr voller Dankbarkeit gewesen, dies mit Blick auf den Kanton, «der unsere Institution unterstützt.» Im vergangenen Jahr gab es aber auch einige Herausforderungen. Dazu gehörten die wiederholten Konfrontationen mit Abschieden. Da habe sich auch immer die Frage gestellt, ob man den ins Hospiz eingetretenen Menschen und ihren Angehörigen gerecht werden könne. Und dies konnte getan werden, wie die durchwegs positiven Rückmeldungen von Angehörigen zeigen würden, so Caroline Walker Miano. Akzeptanz und Rückhalt erfährt das Hospiz auch vonseiten der direkten Nachbarschaft und der Gemeinde Ried-Brig.

Die Nachfrage nach einem Hospiz im Oberwallis ist gross. Es gebe zwar keine Warteliste, «aber die Betten werden recht schnell wieder gebraucht, nachdem eine Person verstorben ist», sagt die Geschäftsleiterin. So wurde in diesem ersten Betriebsjahr bereits die Bettenzahl erhöht. Bei der Betriebsbewilligung hatte der Kanton dem Hospiz Oberwallis zwei Betten zugesprochen. Doch bereits im August 2024 hatte sich abgezeichnet, dass die Nachfrage so nicht abgedeckt werden konnte. Ende Dezember hat der Kanton drei Betten bewilligt. «Und auf den 1. April 2025 hin wurden uns nun vier Betten zugesprochen», so Caroline Walker Miano. «Über diese Zusage sind wir sehr dankbar und froh.»

«Ein Jahr Hospiz Oberwallis HOPE». Walliser Bote. 15.4.2025


Eine faszinierende Frau und Palliativmedizinerin war in der Sendung «Persönlich» von SRF zu Gast: Sibylle Jean-Petit-Matile gilt als eine der Pionierinnen der Palliativmedizin in der Schweiz. Als Mitinitiantin und seit der Eröffnung 2020 Leiterin des Hospiz Zentralschweiz in Luzern-Littau begleitet sie gemeinsam mit ihrem Team schwerkranke Menschen auf ihrem letzten Lebensweg – stets mit dem Ziel, ihnen eine würdevolle und ganzheitliche Betreuung zu ermöglichen. Im Kanton Baselland aufgewachsen, wusste Sibylle Jean-Petit-Matile schon früh, was ihre Bestimmung sein sollte. Sie wollte Ärztin werden. Oder vielleicht Journalistin. Der zweite Berufswunsch war wohl eher als Option für die Eltern gedacht. Denn eigentlich gab es für Sibylle Jean-Petit-Matile neben dem Ärzteberuf keine Alternative. So absolvierte die junge Frau das Medizinstudium in Basel und promovierte als Ärztin. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder und der Ausübung des Hausärztinnenberufes, fasste sie vor über 10 Jahren den Entschluss, ein Hospiz in der Zentralschweiz aufzubauen. Als einer der Leitsätze des Hospizes: «Menschen begegnen Menschen». In der Sendung «Persönlich» erzählt sie der Journalistin Michèle Schönbächler aus ihrem Leben und trifft auf den Musiker Emil Wallimann.

«Sibylle Jean-Petit-Matile und Emil Wallimann». Persönlich – SRF. 20.4.2025


Auch in einem Interview mit «Schweiz am Sonntag» spricht Sibylle Jean-Petit-Matile mit grosser Klarheit über das Sterben und ihre Arbeit im Hospiz Zentralschweiz. «Letztes Jahr haben wir 165 Menschen begleitet, und die jüngste Person war 18 Jahre alt. Unsere Patientinnen und Patienten sind zu komplex krank für ein Pflegeheim, und die Behandlung im Spital ist abgeschlossen. Also kommen sie zu uns ins Hospiz. Wöchentlich sterben zwei bis vier Menschen bei uns.»
Im Hospiz werde sehr offen über den Tod gesprochen. «Ich spreche den Tod schon im ersten Gespräch mit Patientinnen und Angehörigen an. Viele Menschen sind im ersten Moment zurückhaltend und dann erleichtert, wenn das Wort «Tod» ausgesprochen wird.» Für die meisten stimme das. Als der Journalist Sibylle Jean-Petit-Matile fragt, was sie durch ihre Arbeit als Sterbebegleiterin gelernt habe, kommt die Antwort schnell: «Die Frage ist falsch. Wir machen keine Sterbebegleitung – wir begleiten das Leben.» Was also hat sie von den Menschen am Lebensende gelernt? «Im Hier und Jetzt zu leben. Und dankbar zu sein für diesen Moment.» Im unmittelbaren Jetzt stecke eine unglaubliche Kraft. «Es ist egal, ob ich noch drei Atemzüge habe oder drei Millionen.» Die Patienten wüssten oft nicht, ob es ein Morgen gäbe. Gerade deshalb erleben sie das Jetzt so intensiv und mit grosser Dankbarkeit. Und zum Interviewer gewandt meinte die Medizinerin: «Auch Sie wissen nicht, ob es für Sie ein Morgen gibt. Diese Erkenntnis verändert etwas.»

«Der Tod ist uns wohlgesinnt». Schweiz am Wochenende. 19.4.2025


Von ihrem Einsatz für eine würdevolle letzte Lebenszeit erzählt Renate Gurtner, ehemalige Geschäftsführerin von palliative.ch und Gewinnerin des Viktor Award 2024 in der Kategorie «Herausragendste Persönlichkeit», in der Sendung santemedia auf «Tele Bärn». Dabei betont sie, dass der Gewinn des Viktor Awards 2024 nicht allein ihr Verdienst sei, sondern eine Anerkennung für ein starkes Team. Denn Palliative Care ist immer Teamarbeit, ein Zusammenspiel von engagierten Fachpersonen aus verschiedenen Disziplinen. «Wir wollen miteinander das Beste für die Menschen erreichen. In der ganzen Schweiz gibt es gut ausgebildete Fachkräfte, die mit viel Herzblut und Kompetenz arbeiten.» Gerade dieses Miteinander, das gemeinsame Tragen und Begleiten in der letzten Phase, Wochen oder Tage des Lebens, ist es, was Palliative Care auszeichnet. Auch wenn Renate Gurtner ihre Rolle als Geschäftsführerin von palliative.ch inzwischen abgegeben hat, sieht sie sich weiterhin als Botschafterin für die Palliative Care.

In den mehr als fünf Jahren, in denen sie palliative.ch geleitet hat, hat sich viel bewegt. Das Angebot wurde gezielt ausgebaut, die Finanzierung vorangetrieben, ein gutes Lobbying und ein starkes fachliches Netzwerk aufgebaut. Gleichzeitig ist es gelungen, die Bevölkerung für das Thema «Lebensende» zu sensibilisieren. Die Palliative Care ist sichtbarer geworden, in Fachkreisen wie auch in der Öffentlichkeit. Und trotz diesem Aufwärtstrend gehöre die Schweiz im internationalen Vergleich noch nicht zu den Primussen der Palliative Care. «Es hat sich zwar viel entwickelt in den letzten 10 Jahren», sagt Renate Gurtner. Aber noch immer gäbe es wichtige Bereiche, die noch nicht geregelt seien. «Nach wie vor sind die Finanzen ein grosses Thema.»

«Palliative Care – Wenn das Lebensende naht». Tele Bärn. 21.4.2025


Andrea Weibel aus Gais hat sich mit der Ausbildung zur Musiktherapeutin einen Herzenswunsch erfüllt. Als Psychologin arbeitete sie jahrelang am Kantonsspital Chur. 2022 schloss sie die berufsbegleitende vierjährige Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) als Musiktherapeutin ab. Seither ist Andrea Weibel in ihrer Praxis sowie im Hospiz St. Gallen tätig. «Damit kann ich meine Talente, Interessen und Anliegen verbinden», erklärt sie. Dazu gehörten Musik, Psychologie und Kreativität. Weibel spielt seit ihrer Kindheit Blockflöte auf hohem Niveau und improvisiert gern mit verschiedenen Instrumenten. «Die Wirkung von Klängen auf das vegetative Nervensystem hat mich seit jeher fasziniert». Auf dem ihrem Instrumentenwagen liegen Klangschale, Kinderharfe, Windspiele, Flöten, ein «Hang» (Handpan), eine kleine Tambura, eine kleine Trommel, eine Kalimba.

Im Hospiz in St. Gallen, wo unheilbar kranke Menschen ihre letzten Lebenstage verbringen, kommen die Instrumente zum Einsatz. Im Hospiz musiziert Andrea Weibel für die Kranken. Manchmal beteiligen sich Angehörige daran. Hier geht es darum, Ruhe zu finden, etwa für «Menschen, die zwischen Leben und Tod schweben», erklärt die Musiktherapeutin. Musik könne eine Begleiterin sein in der Gefühlswelt oder Erinnerungen an die Oberfläche spülen. Musik könne Menschen, die sich zum Teil nicht mehr ausdrücken können, helfen, sich mit ihren Emotionen zu verbinden. Sie sehe und spüre das oft. «Manchen rinnen beim Zuhören Tränen über die Wangen; manche lächeln.» Im stationären Hospiz St. Gallen werden in neun Zimmern Menschen in der letzten Lebensphase rund um die Uhr ärztlich, therapeutisch und seelsorgerisch betreut, ihre Beschwerden und Schmerzen werden gelindert und ihr Alltag nach ihren Wünschen gestaltet. Dazu kann die Musiktherapie beitragen.

«Entspannung für Sterbende». Appenzeller Zeitung. 12.4.2025


«Als ich letztes Jahr notfallmässig in die Hirslanden Klinik eintrat, gab man mir noch ein bis zwei Wochen. Da erzählte mir eine Ärztin vom Hospiz und ich beschloss, meine letzten Tage da zu verbringen. In der Klinik sterben? Das kam für mich überhaupt nicht infrage! Da kann man nur fliehen», sagt die fast 80-jährige Gisela Schulze. Im Hospiz in Brugg wurde sie freundlich aufgenommen und es ging ihr über drei Monate hinweg immer besser. «Irgendwann dachte ich mir: Ich sause munter mit dem Rollator durch die Gänge und nehme womöglich jemandem, der viel schlechter dran ist, das Bett weg. Das geht so nicht.» Nach einem Gespräch mit der Ärztin ging sie nachhause. Nach fünf Monaten zuhause kehrte sie ins Hospiz zurück, sie war zu schwach geworden.

Was das Hospiz ausmacht? «Die Menschen hier, sie sind einmalig. Man geht wunderbar miteinander um und man merkt: Das ist nicht irgendein Gesäusel, nein: Das kommt von Herzen.» Wichtig sei für sie auch die medizinische Betreuung, der sie voll und ganz vertraue. Denn der Krebs schreitet voran. Doch den Humor hat die einstige Schauspielerin nicht verloren – im Gegenteil. «Mir gefällt am Hospiz, dass es eine fröhliche Gesellschaft ist.» Wenn sie anderen Menschen in ihrer Situation etwas weitergeben könnte, dann wären es nicht so Floskeln wie «Man muss den Tod annehmen». Nein! «Den Humor sollte man nicht verlieren, das ist das Wichtigste!» Zum Glück würden einem im Hospiz nicht diese Gesichter begegnen, die das Elend der Welt in sich tragen. «Hier sagt niemand: Mein Gott, diese arme Frau, um Gottes willen, was die bloss alles ertragen muss. Im Gegenteil: Hier heisst es: Also jetzt mal hopp, Gisela! Ich bin froh, herrscht nicht diese riesige Betroffenheit, das würde mich ja selbst nur traurig machen.»

«Schauspielerin Gisela Schulze nimmt das Sterben mit Humor». Aargauer Zeitung. 24.4.2025

 

palliative zh+sh / Bettina Weissenbrunner